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Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

3. Sinn und Zweck der Mindestbesteuerung

verfasst von : Nicolas Steinmeister

Erschienen in: Die Mindestbesteuerung multinationaler Konzerne

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Die Mindeststeuerinitiative verfolgt nach Auffassung des Autors drei primäre Ziele: die Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs, die Bekämpfung weiterhin bestehender BEPS-Risiken sowie die Verhinderung nationaler Alleingänge und eines Besteuerungschaos. Das Ziel der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs kann dabei auf einen Negativtrend in der Entwicklung der Nominal- und Effektivsteuersätze gestützt werden. Ob dieser bereits schädliche Ausmaße erreicht hat oder zu erreichen droht, ist dagegen definitionsabhängig. Das Verständnis scheint sich insofern bei den IF-Mitgliedstaaten gewandelt zu haben; den Staaten ist hier nach Ansicht des Autors ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Hinsichtlich des zweiten Ziels der Eliminierung verbleibender BEPS-Risiken fehlt es zwar derzeit noch an belastbaren empirischen Daten, welche die nach Umsetzung der BEPS-Empfehlungen weiterhin bestehenden Gewinnverlagerungsmöglichkeiten bestätigen. Die theoretische Betrachtung der bisherigen BEPS-Maßnahmen zeigt jedoch jetzt schon Lücken auf, die von Unternehmen genutzt werden könnten, sodass die Annahme weiteren Handlungsbedarfs tragfähig erscheint. Ein koordiniertes Vorgehen im Rahmen des IF stützt sich dabei richtigerweise auf die Prämisse, dass alternative unilaterale Alleingänge verschiedener Staaten die aktuelle Situation im internationalen Steuerrecht nicht verbessern, sondern ganz im Gegenteil zahlreiche negative Folgen mit sich bringen würden.
Das nachfolgende Kapitel stellt die Ziele der Säule 2 dar und untersucht unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse, ob diese Ziele berechtigterweise zur Legitimierung der Mindeststeuer herangezogen werden können.

3.1 Primärziele der Mindeststeuerinitiative

Die weltweit abgestimmte Einführung eines effektiven Mindestbesteuerungsregimes für multinational agierende Konzerne verfolgt drei Primärziele.1 Zum einen soll sie die OECD/G20-Beschlüsse zum BEPS-Projekt aus 2015 ergänzen und weiterhin bestehende BEPS-Risiken eliminieren.2 Zum anderen soll sie dem mittlerweile als überschießend und unfair wahrgenommenen Steuerwettbewerb zwischen den einzelnen Staaten um ausländische Direktinvestitionen („harmful race to the bottom“) Einhalt gebieten und eine Untergrenze einziehen.3 Zudem soll mittels einer internationalen Einigung auf die zu den Säulen 1 und 2 ausgearbeiteten Regelungen verhindert werden, dass durch ein gefährliches Chaos aus unabgestimmten unilateralen Maßnahmen4 die steuerliche Komplexität bei grenzüberschreitenden Unternehmungen unzumutbare Ausmaße erreicht, die sowohl Unternehmen als auch die jeweiligen Finanzbehörden überfordern und zu Doppelbesteuerung führen.5

3.2 Zur Legitimität der Primärziele

Doch sind diese Ziele berechtigt? Nachfolgend wird untersucht, inwieweit die angeführten Primärziele der Säule 2 auf wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt werden können und insoweit tatsächlich ein Bedarf für die Einführung einer effektiven Mindestbesteuerung multinational agierender Konzerne besteht.

3.2.1 Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs

Die Mindeststeuer soll dem Steuerwettbewerb zwischen den Staaten um ausländische Direktinvestitionen von Unternehmen eine Untergrenze einziehen und dadurch ein „race to the bottom“ verhindern. Insofern ist die Frage zu beantworten, was überhaupt unter dem Begriff des internationale Steuerwettbewerbs zu verstehen ist und inwieweit dieser schon ein volkswirtschaftlich schädliches oder ungerechtes Ausmaß erreicht hat oder zumindest zu erreichen droht.

3.2.1.1 Begriff

Internationaler Steuerwettbewerb lässt sich allgemein als eine strategische Interaktion verschiedener Staaten zur Gewinnung mobilen Steuersubstrats definieren6 und ist insbesondere bei der Unternehmensbesteuerung von großer Bedeutung.7 Durch aktive Teilnahme am internationalen Steuerwettbewerb versuchen Länder, ihre relative Standortattraktivität zur Ansiedelung von mobilen Aktivitäten8 wie etwa Forschung und Entwicklung („FuE“) zu erhöhen.9 Hierfür stehen den Staaten vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, beispielsweise die Senkung der nominellen Steuersätze, die Anpassung der Steuerbemessungsgrundlage,10 die Optimierung der steuerlichen Rahmenbedingungen11 oder die Einführung neuer Präferenzregime für mobile Aktivitäten („Smart Tax Competition“).12 Im Gegensatz zu vielen anderen auf die Standortattraktivität einwirkenden Faktoren (z. B. Qualität von Infrastruktur, Bildungsniveau von Arbeitskräften, Regulierungsgrad, Qualität des Sozialstaats oder langfristige politische Stabilität)13 kann die Steuerbelastung unmittelbar und kurzfristig vom Gesetzgeber beeinflusst werden, sodass Steuern ein besonders rasch einsetzbares Instrument zur Verbesserung der Standortattraktivität darstellen.14

3.2.1.2 Chancen und Risiken des Steuerwettbewerbs

Der internationale Steuerwettbewerb zwischen den Staaten ist mit Chancen und Risiken verbunden.15 Zu den Chancen des Steuerwettbewerbs zählt vor allem die disziplinierende Wirkung auf Politik und öffentliche Verwaltung bei der Ausgestaltung des Steuersystems und der Haushaltspolitik, die einen effizienten Staatsapparat hervorbringen kann.16 Auch kann Steuerwettbewerb die Wirtschaft fördern und Raum für Investitionen schaffen.17 Insbesondere die (steuerliche) Förderung von FuE ist ein wichtiges Anliegen in einem sich immer schneller entwickelnden Umfeld der Hochtechnologie.18 Die staatliche Förderung privater FuE ist daher wünschenswert, solange die daraus hervorgehenden Vorteile auch mit der Öffentlichkeit geteilt werden.19
Die vom internationalen Steuerwettbewerb ausgehenden Risiken sind divers. Sie umfassen übermäßige Belastungen der Staatshaushalte, die damit einhergehende Verschlechterung staatlicher Leistungsmöglichkeiten, soziale Ungleichheit durch kompensierende Belastungen weniger mobiler Faktoren wie Konsum und Löhnen, eine verminderte Steuermoral und -ehrlichkeit der Steuerpflichtigen sowie politische Verwerfungen, die insbesondere in der EU den Gemeinschaftsgedanken zwischen den Mitgliedstaaten gefährden können.20 Zudem können Gewinnverkürzungen und -verlagerungen (BEPS) durch multinationale Unternehmen auf den internationalen Steuerwettbewerb zurückgeführt werden.21 Dieser ermöglicht es den häufig sehr großen Konzernen, eine teils deutlich geringere effektive Steuerlast zu erreichen als rein inländisch agierende Unternehmen22 und darüber einen Wettbewerbsvorteil insbesondere gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu erlangen.23 Des Weiteren führt er in anderen Staaten zur Einführung von Anti-BEPS-Maßnahmen, die ihrerseits oft sehr komplex sind. Ebenso resultieren daraus weltweit betrachtet geringere Steuereinnahmen aus den Gewinnen multinationaler Konzerne. Diese Folgen des internationalen Steuerwettbewerbs werden nicht ohne Grund in der Öffentlichkeit häufig als „unfair“ bewertet,24 wobei diese Beurteilung in der politischen Philosophie Unterstützung findet.25

3.2.1.3 Entwicklung des internationalen Steuerwettbewerbs

Der Steuerwettbewerb zwischen den Staaten hat sich in den vergangenen Jahrzehnten intensiviert.26 Dies lässt sich einerseits an den nominalen Steuersätzen in der Unternehmensbesteuerung ablesen, die im Durchschnitt immer weiter sinken und sich in den vergangenen vier Jahrzehnten mehr als halbiert haben.27 Hierzu beigetragen haben in den letzten fünf Jahren z. B. die Steuersatzsenkungen in den USA (von 35 % auf 21 %), Frankreich (von 34 % auf 25 %), Belgien (von 34 % auf 25 %), Norwegen (von 27 % auf 22 %), Tunesien (von 30 % auf 25 %) und Pakistan (von 34 % auf 29 %).28 Innerhalb der EU fiel der durchschnittliche tarifliche Steuersatz auf Unternehmensgewinne von 47,1 % im Jahr 1981 auf 21,3 % im Jahr 2018.29 Auch Deutschland senkte seinen Gewinnsteuersatz in diesem Zeitraum von 60 % auf ca. 30 %30 womit es derzeit dennoch als Hochsteuerland anzusehen ist.31 In mindestens 23 Ländern betrug der Körperschaftsteuersatz 2021 weniger als 15 %, darunter Irland (12,5 %), Ungarn (9 %) sowie einige Karibikstaaten, die mit einem Steuersatz von 0 % gänzlich auf die Besteuerung verzichten.32 Abgemildert wurden diese Steuersatzsenkungen teils durch eine Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlagen (z. B. durch Anti-BEPS-Maßnahmen).33 Andererseits steigt in der EU die Zahl der die Bemessungsgrundlagen aushöhlenden (Präferenz-)Regime, die sowohl Spitzenverdiener als auch multinationale Konzerne in den Fokus nehmen und damit die horizontale wie auch vertikale Steuergerechtigkeit innerhalb der EU-Mitgliedstaaten bedrohen.34 Insbesondere die steuerlichen Anreize für Forschung und Entwicklung in den Mitgliedstaaten sind in den letzten zwei Jahrzehnten stark angestiegen und sehen häufig Steuersätze von 15 % und weniger auf Gewinne in Zusammenhang mit Patenten, Software und ähnlichen immateriellen Wirtschaftsgütern vor.35 Daneben sehen sechs Länder36 fiktive Zinsabzüge vor, die die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern und besonders großzügig von Malta und Zypern ausgestaltet werden.37 Zudem führt eine steigende Anzahl von verbindlichen Auskünften (Advance Tax Rulings, ATR) und sog. Advance Pricing Agreements (APA) neben der erwünschten Rechtssicherheit wohl auch zu steuerlichen Vorteilen gegenüber multinationalen Konzernen und anderen Unternehmen ohne solche verbindlichen Vorbescheide.38 All diese und weitere Steueranreize führen zu einer Erosion der steuerlichen Bemessungsgrundlagen.39 Daher betrug die backward-looking effective tax rate (EATR)40 von multinationalen Konzernen mit einem Mindestumsatz von 750 Mio. Euro in den Jahren 2016 bis 2017 CbCR-Daten zufolge in 8 Mitgliedstaaten weniger als 10 %.41 Nach den Berechnungen von Garcia-Bernardo et al. ist die effektive Steuerquote (ETR)42 von multinationalen Unternehmen in der EU zwischen 2005 und 2015 um 8,7 Prozentpunkte (7,1 Prozentpunkte bei US-Unternehmen) gesunken.43 Auch nach Fuest et al. ist die ETR multinationaler und rein national agierender Unternehmen der OECD-Staaten zwischen 1995 und 2016 erheblich gesunken, und zwar um 14,3 Prozentpunkte.44 Die COVID-19-Pandemie kann möglicherweise eine Trendumkehr herbeiführen. So beabsichtigt das Vereinigte Königreich, seinen derzeitigen Körperschaftsteuersatz von 19 % ab April 2023 für Gewinne über 250.000 GBP auf 25 % anzuheben.45 Auch die USA sind derzeit unter der neuen Administration mit Präsident Joe Biden dabei, den Körperschaftsteuersatz wieder nach oben zu korrigieren.46 Ob dies andere Länder dazu bewegen wird, ihrerseits Steuersatzanhebungen vorzunehmen, bleibt hingegen abzuwarten.

3.2.1.4 Schädlicher Steuerwettbewerb

Abgegrenzt werden muss die allgemeine Feststellung der Existenz internationalen Steuerwettbewerbs von der Frage nach dem „race to the bottom“, also einem schädliche Ausmaße erreichenden Steuersenkungswettlauf im Rahmen eines besonders intensiven Steuerwettbewerbs.47 Als schädlich oder unfair wird der Steuerwettbewerb etwa dann definiert, wenn insb. grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen durch gezielte Steueranreize für gebietsfremde Unternehmen und Personen veranlasst werden.48 Nach dem rechtlich nicht verbindlichen Verhaltenskodex der EU für die Unternehmensbesteuerung49 vom 1.12.1997 sind steuerliche Maßnahmen potenziell schädlich, die gemessen an den üblicherweise in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Besteuerungsniveaus eine deutlich niedrigere Effektivbesteuerung, einschließlich einer Nullbesteuerung, bewirken.50 Rechtsverbindliche Definitionen von „Fairness“ gibt es in diesem Kontext dagegen bislang nicht.51 So wird ein schädlicher Steuerwettbewerb in der Wissenschaft trotz der seit 40 Jahren erheblich gesunkenen Gewinnsteuersätze teils verneint.52 Der Internationale Währungsfonds sieht dagegen im internationalen Steuerwettbewerb sogar eine besorgniserregendere Entwicklung als in den BEPS-Phänomenen, da die damit verbundenen Aufkommensverluste die BEPS-Einbußen überwiegen würden.53 Das Verständnis von schädlichem Steuerwettbewerb auf Ebene der G20/OECD bzw. nun des IF hat sich seit Abschluss des BEPS-Projekts 201554 offensichtlich gewandelt, denn der Fokus auf eine eher allgemeine Begrenzung des Steuerwettbewerbs mit einem Mindeststeuersatz von 15 % bei multinationalen Konzernen geht über die soeben genannten Definitionen hinaus. Dies kann beispielsweise darauf zurückgeführt werden, dass Nexus-konforme Präferenzregelungen i. S. d. BEPS-Aktionspunktes 5 den Druck auf andere Staaten erhöhen, ebenfalls solche Regelungen einzuführen oder allgemein die Unternehmensteuersätze zu senken.55 Eine Studie aus dem Jahr 2020 legt nahe, dass die Zunahme großzügiger steuerlicher Anreize für FuE multinationale Konzerne lediglich zur Reallokation ihrer FuE-Investitionen bewegt hat und nicht zu mehr FuE-Aktivitäten in globaler Hinsicht.56 Nach anderen Studien sind Steueranreize zur Anziehung von Investitionen in Entwicklungsländern häufig überflüssig, da diese Investitionen ohnehin vorgenommen worden wären.57 Im Übrigen wird mittlerweile vertreten, dass Steuerwettbewerb und insb. Präferenzregime allgemein zu Ineffizienzen führen.58 Letztlich ist die Einordnung des aktuellen Steuerwettbewerbs als „schädlich“ oder „unfair“ eine Wertungsfrage, die davon abhängt, wie stark sich die Chancen und Risiken aus Sicht des jeweiligen Betrachters derzeit niederschlagen. In jedem Falle gibt es gute Gründe dafür, dem Steuerwettbewerb – wenn auch ggf. nur zur Verhinderung einer möglichen Verschärfung in der Zukunft – eine Untergrenze einzuziehen.59

3.2.1.5 Zusammenfassung

Ein Steuerwettbewerb zwischen den Staaten weltweit und auch innerhalb der EU kann nicht abgestritten werden. Inwieweit dieser bereits schädliche Ausmaße erreicht hat oder in Zukunft zu erreichen droht, liegt dagegen ganz im Auge des Betrachters. Ein „race to the bottom“ ist aufgrund der zurzeit weniger stark sinkenden Kurven hinsichtlich der Nominalsteuersätze und EATRs jedenfalls wohl noch nicht gegeben, scheint für die Zukunft aber auch nicht ausgeschlossen. Der Wettbewerb um zukunftsorientierte Unternehmen und die Bewältigung der Corona-Pandemie könnten hierbei durchaus weitere Verschärfungen im internationalen Steuerwettbewerb bedingen, sodass es als legitim anzusehen ist, dass die Staatengemeinschaft des Inclusive Framework dem Steuerwettbewerb (prophylaktisch) eine Untergrenze einziehen möchte, welche sie für fair erachtet. Hierfür spricht auch, dass das Abflachen der ETR-Kurve wohl zunehmend auf Anti-BEPS-Maßnahmen zurückgeführt werden kann.

3.2.2 Verbleibende BEPS-Risiken

Diese Anti-BEPS-Maßnahmen beruhen zu einem großen Teil auf dem oben in Kap. 2 bereits beschriebenen BEPS-Projekt der G20/OECD. Die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft und die dadurch offengelegten Schwächen60 der vor mehr als einem Jahrhundert konzipierten internationalen Steuerordnung waren der Grund für das Einschreiten der Staats- und Regierungschefs der G20 im September 2013 durch den sog. BEPS-Aktionsplan, der den entstandenen Möglichkeiten zur Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung Einhalt gebieten sollte.61 Das zwei Jahre später beschlossene Maßnahmenpaket aus 13 Berichten und 15 Aktionspunkten, in welchem sich alle OECD- und G20-Staaten zu einer „konsistenten Umsetzung in den Bereichen Vermeidung von Treaty-Shopping, länderbezogene Berichterstattung, Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und Verbesserung der Streitbeilegung“ verpflichteten,62 hat die BEPS-Risiken jedoch nicht vollständig beseitigen können. Die hinter dem Regelungskonzept von GloBE stehenden Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, sind der Ansicht, dass trotz der 2015 im Rahmen des BEPS-Projekts beschlossenen Maßnahmen nach wie vor erhebliche Aufkommensrisiken bestehen. Insbesondere Unternehmensgewinne im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern und eigenkapitalfinanzierten Konzernfinanzierungsgesellschaften könnten danach in bestimmten Strukturen weiterhin keiner oder nur einer sehr niedrigen Besteuerung unterliegen.63
Bereits in der öffentlichen Anhörung zu Säule 2 im Februar und März 2019 wurde häufig angemerkt, es solle erst abgewartet werden, wie sich das noch in der Implementierung befindliche Maßnahmenpaket des 2015 abgeschlossenen BEPS-Projekts auswirken würde bzw. ob und inwieweit Gewinnverlagerungsrisiken tatsächlich danach noch bestünden.64 Zwar verursacht Steuervermeidung durch Unternehmen nach aktuellen Schätzungen der OECD jährlich Kosten i. H. v. etwa 100 Mrd. bis 240 Mrd. USD bzw. 4 % bis 10 % des globalen Unternehmensteueraufkommens.65 Viele weitere aktuelle empirische Studien zum Phänomen BEPS beziehen sich allerdings mit ihren Daten auf Zeiträume, in denen die BEPS-Maßnahmen häufig zumindest noch nicht vollständig umgesetzt wurden.66 So hat beispielsweise Deutschland die Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der EU67 und damit einen nicht unwesentlichen Teil der BEPS-Empfehlungen erst mit Gesetz vom 25.6.2021 in deutsches Recht umgesetzt.68 Auch wenn Deutschland die darin gesetzten Mindeststandards schon zuvor weitgehend erfüllt hat und in vielen Bereichen lediglich Anpassungen erforderlich waren, zeigt dies beispielhaft, dass eine abschließende und mit konkreten Daten unterlegte Bewertung der 2015 veröffentlichten BEPS-Empfehlungen und des verbleibenden Gewinnverlagerungsrisikos bislang kaum möglich war. Es fehlt damit (noch) an belastbaren Daten, inwieweit Gewinnverkürzung und -verlagerung aktuell und in Zukunft tatsächlich die Staatshaushalte belasten und daraus weiterer Handlungsbedarf abgeleitet werden kann.69
Die abstrakte Analyse der BEPS-Maßnahmen deutet jedoch an, dass die Verschiebung von (weniger substanzbasierten) Gewinnen – etwa mittels Zuweisung von immateriellen Wirtschaftsgütern und Risiko im Konzern – zwar erschwert, aber nicht vollkommen unmöglich gemacht wurde.70 So hat die Mehrheit der BEPS-Empfehlungen nicht einmal den Status eines Mindeststandards inne und die darüberhinausgehenden Maßnahmen (etwa im Rahmen des MLI) werden nur sehr zurückhaltend umgesetzt.71 Auch können die aus den BEPS-Aktionspunkten 8 bis 10 hervorgegangenen, neuen Substanzanforderungen72 häufig bereits durch moderate Investitionen erfüllt werden und stellen somit keine starke Verknüpfung zwischen Wertschöpfung und Zuweisung des Besteuerungsrechts her.73 Insbesondere aus dem Fremdvergleichsgrundsatz („Arm´s Length Principle“), der als Maßstab für die Gewinnaufteilung beibehalten wurde, ergeben sich weiterhin Gestaltungsmöglichkeiten.74 Denn gerade geistiges Eigentum ist oft einzigartig, sodass vergleichbare Preise am Markt kaum gefunden werden können und somit ein signifikanter Spielraum für die Preisgestaltung von Unternehmen verbleibt.75 Ebenso wird durch die Verlagerung des unternehmerischen Risikos in in Niedrigsteuerländern ansässige IP-Holdings der nach dem Fremdvergleichsgrundsatz dem Produktions- oder Marktstaat zuzuteilende Gewinn weiter reduziert.76 Während also noch auf belastbare empirische Daten zu den verbliebenen BEPS-Risiken zu warten sein wird, zeigt sich bei abstrakter Betrachtung, dass durchaus weiterhin Handlungsbedarf besteht. Die Einführung des Mindeststeuerregimes kann, da dieses andere Anti-BEPS-Maßnahmen bei der Ermittlung der effektiven Steuerquote einbezieht und insofern nachrangig angewendet wird, in diesem Sinne auch als Absicherung der anderen Maßnahmen betrachtet werden (Backup-Funktion). Die Mindeststeuerinitiative baut auf der Prämisse auf, dass der u. a. auf der Basis von Steuersätzen und Steuervergünstigungen ausgetragene internationale Steuerwettbewerb der entscheidende Faktor für die Schaffung von Anreizen für Gewinnverlagerungen ist. Eine Begrenzung des Steuerwettbewerbs zwischen den Staaten durch Säule 2 ist daher in der Lage, die daraus hervorgehenden steuerlichen Anreizeffekte für BEPS zumindest teilweise weiter zu neutralisieren.77 Dies kann in gewissem Maße auch aus den Prognosen zum steuerlichen Mehraufkommen im Rahmen von Säule 2 abgelesen werden. Dieses wird global auf ca. 150 Mrd. USD pro Jahr geschätzt und führt damit zu einer nicht unerheblichen Steigerung der globalen Unternehmensteuereinnahmen.78 Daraus kann abgeleitet werden, dass zumindest nach dem in Säule 2 niedergelegten, neuen Verständnis der IF-Mitglieder von schädlichem Steuerwettbewerb in hohem Maße niedrig besteuerte Gewinne existieren, die zu großen Teilen deshalb niedrig besteuert sind, weil sie von Konzernen in Niedrigsteuerstaaten verlagert wurden.

3.2.3 Vermeidung nationaler Alleingänge und eines Besteuerungschaos

Die OECD führt an, dass ohne die Zwei-Säulen-Lösung eine wachsende Anzahl unilateraler und unkoordinierter Maßnahmen der Staaten zu schädlichen Steuer- und Handelskonflikten führen könnten, wodurch Steuersicherheit und Investitionen untergraben und zusätzliche Befolgungs- und Verwaltungskosten verursacht würden.79 Das hierdurch angerichtete internationale Steuerchaos könnte sich folglich negativ auf die ohnehin durch die COVID-19-Pandemie angeschlagene Weltwirtschaft auswirken.80 Diese Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen.81 Das internationale Unternehmensteuerrecht ist für sich gesehen bereits heute äußerst komplex, da grenzüberschreitend agierende Unternehmen sich – selbst bei Betrachtung nur der allgemeinen Steuervorschriften – einer Vielzahl unterschiedlicher Steuerregime gegenübersehen. Neue Regelungen, insbesondere zur Abwehr von Steuerumgehungen, aber auch zur Stärkung des eigenen Standorts im Rahmen des Steuerwettbewerbs, können diesen Zustand in wirtschaftlich schädlicher Weise verschärfen.82 Deren Kosten für Unternehmen und Steuerverwaltungen könnten das weltweite Bruttoinlandsprodukt um mehr als 1 % (ca. 800 Mrd. Euro) reduzieren.83 Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass viele solcher nationalen Alleingänge bereits unternommen wurden.84 So zeigt eine Studie aus November 2021, dass viele EU-Mitgliedstaaten weitere Maßnahmen zur Sicherung ihres Steuersubstrats eingeführt haben und möglicherweise vor allem aus diesem Grund das Sinken der effektiven Unternehmensteuerlasten verlangsamt wurde.85 Dies deutet an, dass Staaten wegen der aktuellen Lage das Erfordernis sehen, Anti-BEPS-Regelungen einzuführen, und zwar auch solche, die nicht auf die bisherigen BEPS-Empfehlungen zurückzuführen sind. Aufgrund der bislang fehlenden Lösung im Rahmen des BEPS-Aktionspunktes 1, die nun unter Säule 1 gesucht wird, ist beispielsweise die Einführung von Digitalsteuern sowohl auf EU-Ebene86 als auch in einzelnen Ländern87 angegangen worden und hat zu Spannungen mit den USA geführt, deren Interessen als Herkunftsland großer Digitalkonzerne hierdurch besonders berührt werden.88 Spanien ist zuletzt mit einer eigenen, ab 2022 geltenden Mindeststeuerregelung für Körperschaften vorgeprescht.89 Die EU hat ebenfalls weitere Pläne zur Anpassung der Unternehmensbesteuerung im 21. Jahrhundert.90 Allein die Teilnahme von 141 Staaten an dem 2-Säulen-Projekt der OECD zeigt das Vorhandensein enormen politischen Handlungsdrucks auf. Um diesen zu kanalisieren, nationale Alleingänge und die negativen Auswirkungen auf Unternehmen aufgrund der global hinzukommenden, vielfältigen Steuervorschriften zu vermeiden, ist ein abgestimmtes Verhalten möglichst vieler Staaten notwendig. Denn selbst wenn die Legitimität der beiden vorgenannten Ziele der Begrenzung des Steuerwettbewerbs und der Bekämpfung verbleibender BEPS-Risiken als nicht ganz unstrittig einzuordnen ist, ist der auf dieser Wahrnehmung beruhende Änderungswille in den Staaten real. Auch für den Umgang mit den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie kann ein koordiniertes Auftreten in diesem Sinne daher nur förderlich sein.91 Voraussetzung ist jedoch, dass der Komplexitätsgrad der neuen Regelungen unter Säule 2 wie auch unter Säule 1 insgesamt niedriger ist als der der alternativ zu erwartenden unilateralen Maßnahmen.

3.3 Ergebnis

Die drei Ziele hinter Säule 2 sind nach Auffassung des Autors mittlerweile klar formuliert. Sie gehen über das ursprüngliche Ziel, für den offen gebliebenen BEPS-Aktionspunkt 1 („Tax Challenges Arising From Digitalisation“) eine Lösung zu finden, weit hinaus. Das Ziel der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs kann dabei auf einen Negativtrend in der Entwicklung der Nominal- und Effektivsteuersätze gestützt werden. Ob dieser bereits schädliche Ausmaße erreicht hat oder zu erreichen droht, ist dagegen definitionsabhängig. Das Verständnis scheint sich insofern bei den IF-Mitgliedstaaten gewandelt zu haben; den Staaten ist hier jedoch nach Ansicht des Autors ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Hinsichtlich des zweiten Ziels der Eliminierung verbleibender BEPS-Risiken fehlt es zwar derzeit noch an belastbaren empirischen Daten, welche die nach Umsetzung der BEPS-Empfehlungen weiterhin bestehenden Gewinnverlagerungsmöglichkeiten bestätigen. Die theoretische Betrachtung der bisherigen BEPS-Maßnahmen zeigt jedoch jetzt schon Lücken auf, die von Unternehmen genutzt werden könnten, sodass die Annahme weiteren Handlungsbedarfs tragfähig erscheint. Ein koordiniertes Vorgehen im Rahmen des IF stützt sich dabei richtigerweise auf die Prämisse, dass alternative unilaterale Alleingänge verschiedener Staaten die aktuelle Situation im internationalen Steuerrecht nicht verbessern, sondern ganz im Gegenteil zahlreiche negative Folgen mit sich bringen würden.
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Fußnoten
1
Vgl. auch Koerver Schmidt, Intertax 2020, 983 (984 f.). Die teilnehmenden Staaten messen diesen Zielen teils unterschiedlich viel Bedeutung zu, vgl. Connolly, Global minimum tax negotiations focus on carve-outs, EU consensus, closing deal, MNE Tax v. 30.9.2021.
 
2
OECD (2019), Addressing the Tax Challenges of the Digitalisation of the Economy – Policy Note, as approved by the Inclusive Framework on BEPS on 23 January 2019, S. 2; OECD (2019), Programme of Work to Develop a Consensus Solution to the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy, Rn. 7, 52 f.; OECD (2020), Tax Challenges Arising from Digitalisation – Report on Pillar Two Blueprint, Rn. 3. Englisch, FR 2021, 1 (3) ordnet die Regelungen aus dem Blueprint in diesem Sinne als „grobes Anti-BEPS-Instrument“ ein.
 
3
OECD (2019), Public Consultation Document, Addressing the Tax Challenges of the Digitalisation of the Economy, 13 February – 1 March 2019, Rn. 90; OECD (2019), Programme of Work to Develop a Consensus Solution to the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy, Rn. 54, 62; OECD (2019), Public Consultation Document, Global Anti-Base Erosion Proposal („GloBE“) – Pillar 2, 8 November 2019 – 2 December 2019, Rn. 7; OECD (2021), OECD Secretary-General Tax Report to G20 Finance Ministers and Central Bank Governors – July 2021, S. 4; OECD-Pressemitteilung v. 8.10.2021, Internationale Staatengemeinschaft erzielt bahnbrechende Steuervereinbarung für das digitale Zeitalter, abrufbar unter: https://​www.​oecd.​org/​berlin/​presse/​internationale-staatengemeinsch​aft-erzielt-bahnbrechende-steuervereinbaru​ng-fuer-das-digitale-zeitalter.​htm; OECD (2021), OECD Secretary-General Tax Report to G20 Finance Ministers and Central Bank Governors, October 2021. Auf S. 1 (“Note for Delegates”) des dem Autor vorliegenden deutsch-französischen Entwurfs mit dem Arbeitstitel “GLOBE BEPS 2.0 Initiative” stand dieses Ziel sogar an erster Stelle. Vgl. zu dem damit einhergehenden Paradigmenwechsel Devereux et al., The OECD Global Anti-Base Erosion Proposal, Oxford University Centre for Business Taxation, S. 6 f.; Englisch, FR 2021, 1 (4 f.); Ditz/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff u. a., Außensteuerrecht, 99. Lief. 2021, Vor §§ 7–14 AStG Rn. 31.
 
4
Diese können sowohl zur Anziehung von Steuersubstrat als auch zur Abwehr weiterer Gewinnverlagerung ergriffen werden.
 
5
OECD (2019), Addressing the Tax Challenges of the Digitalisation of the Economy – Policy Note, as approved by the Inclusive Framework on BEPS on 23 January 2019, S. 2; OECD (2021), OECD Secretary-General Tax Report to G20 Finance Ministers and Central Bank Governors – July 2021, S. 4.
 
6
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. VII. Siehe auch Wilson/Wildasin, Journal of Public Economics 2004, 1065 (1067): „we define tax competition as noncooperative tax setting by independent governments, under which each government’s policy choices influence the allocation of a mobile tax base among “regions” represented by these governments“.
 
7
Denn Gesellschaften und ihre Tätigkeiten sind anders als z. B. Arbeitnehmer, Grundbesitz oder Konsum relativ mobil, siehe Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. VIII. Zum internationalen Wettbewerb im Rahmen der Unternehmensbesteuerung siehe bereits Lang, StuW 2011, 144 ff.
 
8
Die Mobilität von Menschen und Unternehmen (insb. von Spitzenverdienern und großen Konzernen) hat durch die Globalisierung und technische Fortschritte generell zugenommen, vgl. Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 6; Wohlrabe/Rathje, Der internationale Steuerwettbewerb aus Unternehmenssicht – Jahresmonitor der Stiftung Familienunternehmen, S. 1; Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum KStG Rn. 45; Haase in Haase, 3. Aufl. 2016, Einleitung zum AStG Rn. 21; Vgl. Schmehl in Schön/Beck, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 99 (102 f.).
 
9
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. VII. Vgl. auch Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 6: „Governments may try to attract capital, workers or consumers from other countries by lowering general tax rates or by offering special regimes targeting a specific part of the tax base or taxpayers.“
 
10
Der Einsatz von Freibeträgen, Abzügen und sonstigen steuerlichen Ausnahmeregelungen reduziert die Steuerbemessungsgrundlage und damit auch die Steuerbelastung, sodass der effektive Steuersatz regelmäßig unter dem nominellen Steuersatz liegt.
 
11
Konkrete Beispiele für Rahmenbedingungen sind die Kosten für die Erstellung von Steuererklärungen und die Einhaltung von Steuergesetzen (Befolgungskosten), aber auch die (bewusste) Eröffnung von Möglichkeiten zur Steuervermeidung und Steuerumgehung, vgl. Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 16 f. Ökonomisch ist die Wirkung dieser Kosten analog der Wirkung von Steuern. Anders als Steuern, welche zu Einnahmen des Staates führen, schaffen diese Kosten allerdings keinen gesamtökonomischen Mehrwert, vgl. Eichfelder/Vaillancourt, arqus Discussion Paper No. 178 (2014), S. 1.
 
12
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. VIII, 13 ff.: „Smart Tax Competition“ wird durch steuerpolitische Instrumente (z. B. sog. Patentboxen) ausgeführt, die gezielt hochmobile und steuerertragsstarke Aktivitäten adressieren. Zu weiteren Ursachen einer niedrigen Besteuerung vgl. auch Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 19 Rn. 16; Klemm/Liu, The Impact of Profit Shifting on Economic Activity and Tax Competition, in: De Mooij/Klemm/Perry, Corporate Income Taxes Under Pressure – Why Reform Is Needed and How It Could Be Designed, S. 175 (179).
 
13
Zu diesen und weiteren Standortfaktoren und der Attraktivität des deutschen Standorts aus der Perspektive großer Familienunternehmen vgl. etwa Dutt/Fischer/Minkus, Länderindex Familienunternehmen, 8. Auflage 2021.
 
14
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 4.
 
15
Bräutigam et al. Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 16; Edwards/Keen, European Economic Review 1996, 113 ff. Zur allgemeinen ökonomisch-theoretischen wie empirischen Forschung hierzu vgl. Keuschnigg/Loretz/Winner, Tax Competition and Tax Coordination in the European Union: A Survey, S. 11 ff. m. w. N.
 
16
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 18. Diese positive Wirkung wird dem Steuerwettbewerb insb. von Anhängern der Neuen Politischen Ökonomie bzw. von Public-Choice-Ansätzen zugeschrieben, vgl. Schratzenstaller, WSI 2011, 304 (307).
 
17
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 17 f.
 
18
Denn die gesamtwirtschaftliche Rendite aus Investitionen in FuE liegt über der Rendite des privaten Investors und weitere Akteure können über Spill-Over Effekte von Innovationen profitieren. Dadurch wirken sich FuE-Aktivitäten von Unternehmen positiv auf den technologischen Fortschritt und die Produktivität einer Wirtschaft aus, siehe Rathje/Wohlrabe, IStR 2019, 1 (4).
 
19
Dagegen können Präferenzregime wie IP-Boxen, die Gewinne aus der Nutzung von geistigem Eigentum steuerfrei stellen, kritisch gesehen werden, da diese lediglich bereits erfolgreiche FuE-Unternehmungen begünstigen anstatt die Kosten in der tatsächlichen FuE-Phase zu reduzieren, vgl. Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 36.
 
20
Vgl. Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 8; Jarass, EWS 2015, 144; Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 18; OECD (2019), Public Consultation Document, Addressing the Tax Challenges of the Digitalisation of the Economy, 13 February – 1 March 2019, Rn. 90; Pross/Radmanesh in FS Wassermeyer, 2015, S. 535 (Rn. 6).
 
21
Siehe z. B. Johannesen, Journal of International Economics 2010, 253 m. w. N. Generell bestehen der empirischen Steuerforschung zufolge kaum Zweifel daran, dass internationale Standort- und Investitionsentscheidungen von der effektiven Gewinnsteuerlast für Körperschaften abhängig gemacht werden, vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim BMF, US-Steuerreform 2018 – Steuerpolitische Folgerungen für Deutschland, 2019, S. 11 ff.; Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum KStG Rn. 130.
 
22
Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 3. Vgl. beispielsweise für im Vereinigten Königreich tätige Unternehmen im Zeitraum 2000 bis 2014 die Studie von Bilicka, American Economic Review 2019, 2921 ff.
 
23
Jarass, EWS 2015, 144; Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 6.
 
24
Siehe etwa die Aussage des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz, Greive/Hildebrand, „Kolossaler Schritt zu mehr Gerechtigkeit“: 130 Länder einigen sich auf globale Mindeststeuer, Handelsblatt v. 1.7.2021, https://​www.​handelsblatt.​com/​politik/​international/​internationale-steuerreform-kolossaler-schritt-zu-mehr-gerechtigkeit-130-laender-einigen-sich-auf-globale-mindeststeuer/​27384496.​html?​ticket=​ST-9382881-pXfCj41WibUMau3a​nkM4-ap6m, abgerufen am 8.10.2021. Auch OECD-Generalsekretär Mathias Corman äußerte sich im Rahmen der Einigung v. 8.10.2021 wie folgt: „Today’s agreement will make our international tax arrangements fairer and work better“, OECD-Pressemitteilung vom 8.10.2021, International community strikes a ground-breaking tax deal for the digital age, https://​www.​oecd.​org/​newsroom/​international-community-strikes-a-ground-breaking-tax-deal-for-the-digital-age.​htm, abgerufen am 9.10.2021; G20 Finance Ministers and Central Bank Governors Communiqué v. 13. October 2021, S. 3. Siehe auch Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. VII; Hentze, Unfairer Steuerwettbewerb in Europa, iwd v. 9.3.2017, https://​www.​iwd.​de/​artikel/​unfairer-steuerwettbewerb​-in-europa-328798/​, abgerufen am 6.12.2021; Kokott, ISR 2017, 395: „Fairer Steuerwettbewerb ist in aller Munde“.
 
25
Vgl. Stark, StuW 2019, 71 (83): So ist der Steuerwettbewerb aus kosmopolitischer Sicht ein Gerechtigkeitsproblem, da er inter-individuelle Ungleichheit weltweit fördert. Aus der Perspektive eines Statisten ist der Steuerwettbewerb vielmehr als Bedrohung der fiskalischen Souveränität zu sehen, der es den Staaten erschweren kann, ihren nationalen Gerechtigkeits- bzw. Umverteilungspflichten nachzukommen (siehe auch Dagan, International Tax Policy: Between Competition and Cooperation, S. 193; Ring, Florida Tax Review 2009, 555 (579)). In Stark, StuW 2019, 71 findet sich eine schöne Darstellung zu den verschiedenen philosophischen Strömungen bzgl. internationaler Verteilungsgerechtigkeit. Eine einheitliche politisch-philosophische Vorstellung davon, unter welchen Voraussetzungen das internationale Steuersystem als gerecht bezeichnet werden kann bzw. ob Verteilungsgerechtigkeit überhaupt als ein Prinzip des internationalen Steuerrechts anzuerkennen ist, gibt es dementsprechend nicht. Der Frage der internationalen Steuer- bzw. Verteilungsgerechtigkeit gegenüber steht das prozedurale Gerechtigkeitspostulat mit dem Erfordernis fairer Abkommensverhandlungen, Stark, StuW 2019, 71 (82). Nach Schön ist die Aufteilung von Besteuerungsrechten zwischen den Staaten reine Verhandlungsfrage und kann weder aus juristischen oder volkswirtschaftlichen Prinzipien im internationalen Steuerrecht noch aus dem Völker- oder Europarecht abgeleitet werden, Schön, StuW 2012, 213 ff. Zu der Frage der international gerechten Ausgestaltung der Mindeststeuer vgl. die kritische Haltung von Brauner, der die mangelhafte Einbindung von Entwicklungs- und Schwellenländern als eines der fundamentalen Probleme des Projekts betrachtet, Brauner, Intertax 2020, 270.
 
26
Hebous, Has Tax Competition Become Less Harmful?, in: De Mooij/Klemm/Perry, Corporate Income Taxes Under Pressure – Why Reform Is Needed and How It Could Be Designed, S. 87. Ergebnissen des World Economic Survey im April 2018 zufolge erwartete zudem die Mehrheit der darin befragten 1.155 Wirtschaftsexperten aus 120 Ländern in den nächsten Jahren eine weitere Intensivierung des Steuerwettbewerbs, Wohlrabe/Rathje, Der internationale Steuerwettbewerb aus Unternehmenssicht – Jahresmonitor der Stiftung Familienunternehmen, S. 3, 27. Siehe zu diesem Trend auch IMF Policy Paper No. 19/007 v. 10.3.2019, Corporate Taxation in the Global Economy, S. 11 f., 57 f.: “Tax Competition Continues”; Rathje/Wohlrabe. IStR 2019, 1 (2); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 7 Rn. 69.
 
27
Demnach betrug der durchschnittliche Unternehmensteuersatz in Industriestaaten 2019 nur noch 22,3 % und in Entwicklungsländern 24 %, Hebous, Has Tax Competition Become Less Harmful?, in: De Mooij/Klemm/Perry, Corporate Income Taxes Under Pressure – Why Reform Is Needed and How It Could Be Designed, S. 87 f.; vgl. auch Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 23 ff.; Garcia-Bernardo/Jansky/Tørsløv, IES Working Paper 39/2019, S. 8.
 
28
Hebous, Has Tax Competition Become Less Harmful?, in: De Mooij/Klemm/Perry, Corporate Income Taxes Under Pressure – Why Reform Is Needed and How It Could Be Designed, S. 87; Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 24: In den USA betrug der Gewinnsteuersatz im Jahr 1986 sogar noch 47,5 %.
 
29
Ein Grund hierfür liegt zwar auch in dem Beitritt weiterer (osteuropäischer) Mitgliedstaaten mit bereits relativ niedrigen Gewinnsteuersätzen; diese Entwicklung beruht jedoch ebenfalls auf dem durch die Beitritte erhöhten Wettbewerbsdruck auf die alten Mitgliedstaaten und auf der US-Steuerreform 1986, Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. VIII, 23 f. Siehe auch Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 3, 9, 19 f., 22: Die Geschwindigkeit dieses Absinkens ist seit der Weltfinanzkrise 2008 merklich zurückgegangen.
 
30
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 24.
 
31
Siehe auch Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 74.
 
32
Vgl. OECD, Tax Database, Statutory corporate income tax rate, abrufbar unter: https://​stats.​oecd.​org/​Index.​aspx?​DataSetCode=​CTS_​CIT#.
 
33
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 28 f.; Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 22.
 
34
Vgl. Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 3, 10 ff., 20 ff.
 
35
So bieten Litauen, Luxemburg, Malta, Ungarn und Polen Präferenzsteuersätze von 5 % und weniger. Belgien, Frankreich Luxemburg, Malta, die Niederlande und Portugal weisen Unterschiede der Präferenzsteuersätze zu ihren normalen Körperschaftsteuersätzen von über 15 Prozentpunkten auf, vgl. hierzu Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 3, 23 ff. Ebenfalls in den letzten 20 Jahren merklich gestiegen ist der Anteil der Gebühren für die Nutzung geistigen Eigentums am Gesamthandelsvolumen in der EU, vgl. dies., S. 26.
 
36
Belgien, Portugal, Italien, Zypern, Malta und Polen.
 
37
Vgl. Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 3, 28 f.
 
38
Vgl. Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 3, 29 ff. Mit besonderem Bezug zu Luxemburg siehe Huesecken/Overesch, FinanzArchiv/Public Finance Analysis 2019, 380 ff.
 
39
Vgl. Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 4, 31 f.
 
40
Diese ist nicht zu verwechseln mit der effektiven Steuerquote i. S. d. GloBE-Regeln. Zu den verschiedenen Möglichkeiten in der Ökonomie zur Definition und Bestimmung effektiver Steuerquoten (ETR) vgl. Garcia-Bernardo/Jansky/Tørsløv, International Tax and Public Finance 2021, 1519 (1522).
 
41
Und zwar in Luxemburg, Zypern, den Niederlanden, Estland, Ungarn, Bulgarien, Schweden und Österreich, vgl. Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 20.
 
42
Auch diese ETR ist nicht zu verwechseln mit der effektiven Steuerquote i. S. d. GloBE-Regeln.
 
43
Garcia-Bernardo/Jansky/Tørsløv, IES Working Paper 39/2019, S. 8. Dabei seien 5,9 Prozentpunkte auf Änderungen im gesetzlichen Steuersatz und in der Bemessungsgrundlage zurückzuführen und nur 0,4 Prozentpunkte auf Gewinnverlagerungen, S. 13. Zur Entwicklung der ETR in der EU siehe auch Linnemann/Weiß, IStR 2019, 692 (695).
 
44
Fuest/Hugger/Wildgruber, CESifo Working Papers No. 8605, 2020, S. 8.
 
46
Vgl. Riecke, Demokraten stutzen Bidens Steuerpläne – Vermögen der Superreichen bleiben weitgehend unangetastet, Handelsblatt v. 14.9.2021, abrufbar unter: https://​www.​handelsblatt.​com/​politik/​international/​haushaltsberatun​gen-in-den-usa-demokraten-stutzen-bidens-steuerplaene-vermoegen-der-superreichen-bleiben-weitgehend-unangetastet/​27610442.​html?​ticket=​ST-4020439-uqOdrzVWaHGhbbEF​ewkc-cas01.​example.​org, abgerufen am 6.12.2021; Rüdenburg, IStR-LB 2021, 3. Siehe zu diesen Entwicklungen aber auch Schön, IStR 2022, 181 (182).
 
47
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. VII f.
 
48
Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 5.9; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 7 Rn. 69.
 
49
Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1. Dezember 1997 über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung, ABl. C 2 vom 6.1.1998, S. 2 ff.
 
50
Für die Schädlichkeit einer Maßnahme soll unter anderem zu berücksichtigen sein, „1. ob die Vorteile ausschließlich Gebietsfremden oder für Transaktionen mit Gebietsfremden gewährt werden oder 2. ob die Vorteile völlig von der inländischen Wirtschaft isoliert sind, so daß sie keine Auswirkungen auf die innerstaatliche Steuergrundlage haben oder 3. ob die Vorteile gewährt werden, auch ohne daß ihnen eine tatsächliche Wirtschaftstätigkeit und substantielle wirtschaftliche Präsenz in dem diese steuerlichen Vorteile bietenden Mitgliedstaat zugrunde liegt oder 4. ob die Regeln für die Gewinnermittlung bei Aktivitäten innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe von international allgemein anerkannten Grundsätzen, insbesondere von den von der OECD vereinbarten Regeln, abweichen oder 5. ob es den steuerlichen Maßnahmen an Transparenz mangelt, einschließlich der Fälle einer laxeren und undurchsichtigen Handhabung der Rechtsvorschriften auf Verwaltungsebene.“
 
51
Vgl. Kokott, ISR 2017, 395 (396).
 
52
Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 23 ff., 42. Nach Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum KStG Rn. 140 könne aus den Erhebungen der OECD etwa nicht abgeleitet werden, dass die Senkung der Körperschaftsteuersätze zu Lasten der weniger mobilen Steuerobjekte der Einkommensteuer gehe.
 
53
IMF Policy Paper No. 19/007 v. 10.3.2019, Corporate Taxation in the Global Economy, S. 11 f. Durch Gewinnverlagerung verliert der deutsche Staat etwa 10 bis 28 % seiner Unternehmensteuereinnahmen (Corporate Tax Revenue), global belaufen sich die geschätzten Verluste auf ca. 5 bis 23 %, vgl. Crivelli et al., Taxing Multinationals in Europe, S. 16.
 
54
Der internationale Steuerwettbewerb stand hierbei noch nicht im Fokus, vgl. Linnemann/Weiß, IStR 2019, 692 (693); Bräutigam et al., Internationaler Steuerwettbewerb – Bewertung, aktuelle Trends und steuerpolitische Schlussfolgerungen, 2018, S. 52.
 
55
Hebous, Has Tax Competition Become Less Harmful?, in: De Mooij/Klemm/Perry, Corporate Income Taxes Under Pressure – Why Reform Is Needed and How It Could Be Designed, S. 87 (102). Vgl. auch Wissenschaftlicher Beirat beim BMF, US-Steuerreform 2018 – Steuerpolitische Folgerungen für Deutschland, 2019, S. 27 f.
 
56
Knoll et al., Research Policy 50 (2021), 104326; Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 25.
 
57
IMF, OECD, UN und Weltbank (2015), Options for Low Income Countries’ Effective and Efficient Use of Tax Incentives for Investment, A Report to the G-20 Development Working Group, S. 11 f.; OECD (2019), Programme of Work to Develop a Consensus Solution to the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy, S. 26.
 
58
Vgl. Hebous, Has Tax Competition Become Less Harmful?, in: De Mooij/Klemm/Perry, Corporate Income Taxes Under Pressure – Why Reform Is Needed and How It Could Be Designed, S. 87 (88); Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 6; Pross/Radmanesh in FS Wassermeyer, 2015, S. 535 (Rn. 6). Zu ineffizienten Verhaltensweisen von Unternehmen siehe auch Keuschnigg/Loretz/Winner, Tax Competition and Tax Coordination in the European Union: A Survey, S. 11. Vgl. zudem OECD (1998), Tax Sparing: A Reconsideration, S. 25 ff.
 
59
So auch Nogueira, WTJ 2020, 465 (467 f.). Aus Perspektive von Entwicklungsländern kann beispielsweise angeführt werden, dass der Steuerwettbewerb ihre steuerlichen Handlungsräume begrenzt, da sie zur Anziehung von Investitionen immer größere steuerliche Zugeständnisse machen müssen, Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (4). Allgemein kann der Steuerwettbewerb Staaten schädigen, indem die Integrität ihrer Steuersysteme unterlaufen wird und der Ausfall von Steuereinnahmen zu einer kritischen Unterfinanzierung der staatlichen Investitionstätigkeiten führt, vgl. Jarass, EWS 2015, 144. Vgl. auch Crivelli et al., Taxing Multinationals in Europe, S. 40.
 
60
Insbesondere im Rahmen des Fremdvergleichsgrundsatzes, vgl. Englisch/Becker, Implementing an International Effective Minimum Tax in the EU, Materialien aus Wirtschaft und Gesellschaft (AK Wien), Heft 224, Juli 2021, S. 25.
 
61
OECD (2015), Erläuterung, OECD/G20 Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, Rn. 1 f.: Nach offiziellen Schätzungen führte BEPS schon damals zu Mindereinahmen in der Körperschaftsteuer zwischen 4 % und 10 % der globalen Körperschaftsteuereinnahmen, also etwa 100 – 240 Mrd. USD jährlich, wobei diese Verluste auf die aggressive Steuerplanung einiger multinationaler Unternehmen, die Wechselwirkung zwischen nationalen Steuerregeln, Mangel an Transparenz und Koordinierung zwischen den Steuerverwaltungen, begrenzte Vollzugsmittel in den einzelnen Staaten und schädliche Steuerpraktiken zurückgeführt wurden. Zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten vgl. z. B. Beer/de Mooij/Liu, Journal of Economic Surveys 2020, 660 (662 ff.).
 
62
OECD (2015), Erläuterung, OECD/G20 Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, Rn. 1, 11, 23: Die empfohlenen Maßnahmen waren seitdem durch die teilnehmenden Staaten umzusetzen, teils durch Änderungen des innerstaatlichen Rechts, wie etwa in Bezug auf hybride Gestaltungen, CFC-Regeln, Zinsabzugsbeschränkungen, länderbezogene Berichterstattung (Country-by-Country Reporting) und verbindliche Offenlegungsregeln, teils über Steuerabkommen bzw. durch das neu geschaffene Multilaterale Instrument (MLI).
 
63
OECD (2019), Public Consultation Document, Addressing the Tax Challenges of the Digitalisation of the Economy, 13 February – 1 March 2019, Rn. 89.
 
64
Vgl. hierzu beispielhaft die Stellungnahmen von Accountancy Europe, S. 8; AmCham Netherlands, S. 5; AmCham Germany, S. 5; American Petroleum Institue, S. 2; Business at OECD (BIAC), S. 34; Business Roundtable, S. 3; Deloitte, S. 10; MEDEF, S. 5 f. sowie US National Foreign Trade Council, S. 9; später auch Hierstetter, IStR 2020, 874 (880) für den Fall, dass ein internationaler Konsens nicht gefunden werden kann. So sind im Rahmen des Aktionspunktes 11 Möglichkeiten zur Messung und zum Monitoring von BEPS erarbeitet worden.
 
65
OECD (2021), Highlights brochure: Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – October 2021, S. 13. Dass diese Schätzungen mit denen aus 2015 übereinstimmen (Fn. 61), lässt leider eine fehlende Aktualisierung dieser Daten vermuten.
 
66
Siehe etwa Garcia-Bernardo/Jansky/Tørsløv, International Tax and Public Finance 2021, 1519 ff.; Beer/de Mooij/Liu, Journal of Economic Surveys 2020, 660 ff.; Bilicka, American Economic Review 2019, 2921 ff.; Cobham/Jansky, Journal of International Development 2018, 206 ff.; Riedel, Review of Economics 2018, 169 ff.; Heckemeyer/Overesch, Canadian Journal of Economics 2017, 965 ff.; Crivelli/de Mooij/Keen, FinanzArchiv/Public Finance Analysis 2016, 268 ff.; Dharmapala, Fiscal Studies 2014, 421 ff.; jeweils mit vielen weiteren Nachweisen. Vgl. auch Englisch/Becker, Implementing an International Effective Minimum Tax in the EU, Materialien aus Wirtschaft und Gesellschaft (AK Wien), Heft 224, Juli 2021, S. 26 f. Zu den aus BEPS resultierenden Aufkommensverlusten in Deutschland vgl. Fuest/Hugger/Neumeier, ifo Schnelldienst 2021, 38 ff. Für eine unternehmensspezifische Untersuchung am Beispiel des Bayer-Konzerns siehe Trautvetter/Redeker, Harmful tax competition – How Bayer rigs corporate taxation in Europe. Zur Gewinnverlagerung durch Banken siehe Reiter/Langenmayr/Holtmann, International Tax and Public Finance 2021, 717. Natürlich hat es in Folge des BEPS-Projekts dennoch bereits massive Veränderungen für Unternehmen und Steuerverwaltungen im Rahmen der internationalen Besteuerung gegeben, vgl. Hierstetter, IStR 2020, 874 (878 f.).
 
67
Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (ATAD 1), geändert durch Richtlinie (EU) 2017/952 vom 29. Mai 2017 (ATAD 2).
 
68
Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz – ATADUmsG) v. 25.6.2021, BGBl. I 2021, 2035 ff.
 
69
Nach bisherigen Erkenntnissen scheinen aber die europäischen Staaten (außer Steueroasen) und Entwicklungsländer die Hauptverlierer des BEPS-Phänomens zu sein, während US-Konzerne als Hauptgewinner zu betrachten sind, vgl. Tørsløv/Wier/Zucman, The Missing Profits of Nations, NBER Working Paper 24701 (2018), S. 3, 32. Aus mittlerweile zur Verfügung stehenden CbCR-Daten für das Jahr 2017 kann geschlossen werden, dass die Niederlande, die britischen Überseegebiete des Vereinigten Königreichs, Bermuda, die Schweiz und Irland zu den Ländern zählen, in welche die meisten Gewinne verlagert werden, und die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Frankreich sowie Australien die Länder sind, aus denen die meisten Gewinne in andere Länder verlagert werden, vgl. Garcia-Bernardo/Jansky/Tørsløv, International Tax and Public Finance 2021, 1519 (1550).
 
70
Vgl. IMF Policy Paper No. 19/007 v. 10.3.2019, Corporate Taxation in the Global Economy, S. 10 f., 54 f.; Chand/Lembo, 6 ITAXS 2020, 35; Englisch, FR 2021, 1 (6); Englisch/Becker, Implementing an International Effective Minimum Tax in the EU, Materialien aus Wirtschaft und Gesellschaft (AK Wien), Heft 224, Juli 2021, S. 25; Dourado, Intertax 2020, 152 (153), die auch in Säule 1 keine hinreichende Lösung der BEPS-Problematik sieht. Schon in der Erläuterung zu den 2015 veröffentlichten Abschlussberichten des BEPS-Projekts heißt es, dass viele Strukturen, die eine doppelte Nichtbesteuerung erleichtern, lediglich eingeschränkt würden, sobald die Maßnahmen umgesetzt sind, OECD (2015), Erläuterung, OECD/G20 Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, Rn. 7. Sie würden folglich nicht vollkommen eliminiert, so auch Englisch/Becker, WTJ 2019, 483 (491) mit Hinweis auf die Zinsabzugsbeschränkung nach BEPS-Aktionspunkt 4. Nach Auffassung von Dourado, Intertax 2020, 152 (154) kann BEPS in einer Welt des Steuerwettbewerbs auch gar nicht vollständig bekämpft werden.
 
71
Englisch/Becker, WTJ 2019, 483 (491); Englisch/Becker, Implementing an International Effective Minimum Tax in the EU, Materialien aus Wirtschaft und Gesellschaft (AK Wien), Heft 224, Juli 2021, S. 25. Ein Überblick über die aktuelle MLI-Umsetzung der teilnehmenden Staaten ist auf der MLI Matching Database der OECD erhältlich: https://​www.​oecd.​org/​tax/​treaties/​mli-matching-database.​htm. In diesem Zusammenhang ist anzuführen, dass es möglicherweise einfacher wäre, alle bereits erarbeiteten Regelungen als völkerrechtlich verbindliche Mindeststandards festzulegen. Dies scheint politisch jedoch offensichtlich nicht durchsetzbar zu sein.
 
72
Zu dem daraus hervorgegangenen DEMPE-Funktionskonzept siehe etwa Puls/Haravi, IStR 2018, 721 und Jochimsen, IStR 2018, 670. Die Abkürzung DEMPE steht für „Development, Enhancement, Maintenance, Protection, Exploitation“, also zu Deutsch „Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung, Schutz, Verwertung“.
 
73
Englisch/Becker, WTJ 2019, 483 (491); Englisch/Becker, Implementing an International Effective Minimum Tax in the EU, Materialien aus Wirtschaft und Gesellschaft (AK Wien), Heft 224, Juli 2021, S. 25.
 
74
Fuss, Die internationale Allokation von Erträgen und Verlusten aus immateriellen Werten durch Verrechnungspreise, 2019, S. 388 ff.; Englisch, FR 2021, 1 (6). Dies wird möglicherweise bereits durch eine erste Studie untermauert, vgl. Clausing, TNI 2020, 759 (767). In dieser Hinsicht muss die Studie allerdings vorsichtig betrachtet werden, da sie US-CbCR-Daten aus 2017, also dem Jahr der großen US-Steuerreform, analysiert und zu diesem Zeitpunkt ggf. noch nicht alle BEPS-Maßnahmen umgesetzt wurden. Diese haben sich daher auch noch nicht unbedingt auf die Wirtschaft ausgewirkt.
 
75
Englisch/Becker, WTJ 2019, 483 (491); Sullivan, TNI 2019, 930 (932); IMF Policy Paper No. 19/007 v. 10.3.2019, Corporate Taxation in the Global Economy, S. 10 f.; Englisch/Becker, Implementing an International Effective Minimum Tax in the EU, Materialien aus Wirtschaft und Gesellschaft (AK Wien), Heft 224, Juli 2021, S. 25.
 
76
Englisch/Becker, WTJ 2019, 483 (491 f.); IMF Policy Paper No. 19/007 v. 10.3.2019, Corporate Taxation in the Global Economy, S. 10 f.; Englisch/Becker, Implementing an International Effective Minimum Tax in the EU, Materialien aus Wirtschaft und Gesellschaft (AK Wien), Heft 224, Juli 2021, S. 25 f. Beispielsweise können trotz der Lizenzschranke in § 4j EStG weiterhin Lizenzzahlungen zur Gewinnverschiebung in Niedrigsteuerländer genutzt werden, soweit diese an eine Gesellschaft gezahlt werden, in deren Ansässigkeitsstaat eine Nexus-konforme Präferenzregelung existiert.
 
77
Vgl. Crivelli et al., Taxing Multinationals in Europe, S. 40.
 
78
OECD (2021), Highlights brochure: Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – October 2021, S. 16.
 
79
OECD (2021), Highlights brochure: Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – October 2021, S. 16. Siehe auch Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (15) und Becker/van der Ham, DB 2019, 2540 (2544).
 
80
So zeige beispielsweise die Besteuerungspraxis der letzten Jahre deutlich, dass jede Verdoppelung von Besteuerungsrechten zu einem beachtlichen Anstieg der Doppelbesteuerungsfälle führe, Becker/van der Ham, DB 2019, 2540 (2545).
 
81
Vgl. Arnold, BIT 2019, 631 (644).
 
82
Vgl. Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (4); Pross/Radmanesh in FS Wassermeyer, 2015, S. 535 (Rn. 6).
 
83
OECD (2021), Highlights brochure: Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – October 2021, S. 16; Saint-Amans, Intertax 2021, 309 (310).
 
84
Vgl. Saint-Amans, Intertax 2021, 309 (310).
 
85
Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 22.
 
86
Vgl. EU-Kommission v. 21.3.2018, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen, COM(2018) 148 final und Vorschlag für eine Richtlinie zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz, COM(2018) 147 final. Siehe auch Kokott, IStR 2019, 123 (124).
 
87
So etwa in Österreich, Frankreich, Spanien, Italien, Polen und im Vereinigten Königreich, vgl. Schmittmann/Sinnig, StB 2021, 166 (171 f.); für Österreich vgl. auch Kirchmayer, FR 2019, 800 ff. und für Spanien Behrenz, IStR-LB 2021, 48 (51).
 
89
Vgl. Behrenz, IStR-LB 2021, 48 (52); Bonell, Spain introduces minimum tax of 15 % for companies, MNE Tax v. 15.11.2021.
 
90
Siehe Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament und den Rat – Eine Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert v. 18.5.2021, COM(2021) 251 final.
 
91
Vgl. OECD (2020), Tax Challenges Arising from Digitalisation – Report on Pillar Two Blueprint, S. 10.
 
Metadaten
Titel
Sinn und Zweck der Mindestbesteuerung
verfasst von
Nicolas Steinmeister
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44059-6_3