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14.09.2023 | Car-to-X | Gastbeitrag | Online-Artikel

Connected Cars nehmen Fahrt auf

verfasst von: Amadeus Tunis

7 Min. Lesedauer

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Mobilitäts- und Fahrzeugdaten bieten große Chancen zur Umsatzgenerierung. Amadeus Tunis von Publicis Sapient beschreibt, wie sich Potenziale von Connected Cars nutzen lassen und benennt die wichtigsten Wertschöpfungstreiber und Akteure. 

Obwohl es "Connected Cars" bereits seit über 20 Jahren gibt, hat sich das Marktwachstum in den letzten Jahren massiv beschleunigt. OEMs konkurrieren um die neuen Wertschöpfungspotenziale und suchen nach innovativen Wegen der Monetarisierung. Insbesondere mit dem Aufkommen von hochdigitalen Elektrofahrzeugen (EVs) und der Fülle an Daten, die zur nachhaltigen Verbesserung des Kundenerlebnisses genutzt werden können, bieten sich erhebliche Möglichkeiten zur Generierung von Umsätzen. Im Folgenden wird ein Überblick über vielversprechende Geschäftsmöglichkeiten und Akteure gegeben:

1. Nutzungsabhängige Versicherungen

Die nutzungsabhängige Versicherung (UBI) ist eine der wichtigsten zusätzlichen Einnahmequellen für OEMs. Der Trend zu personalisierten Versicherungspaketen, die auf dem Fahrverhalten basieren, dürfte in den nächsten Jahren zum Standard werden (in manchen europäischen Ländern wie Italien ist das schon lange seitens der Versicherer etabliert und gesetzlich vorgeschrieben). UBI kann in zwei Kategorien unterteilt werden: "Pay how you drive" und "Pay as you drive".

  • Pay how you drive
    "Pay how you drive" bestimmt mithilfe der Fahrzeugtelematik die Versicherungskosten auf Basis des individuellen Fahrverhaltens. Viele OEMs, darunter Ford, GM, Kia, Hyundai, Mercedes-Benz, Stellantis, Toyota und Volkswagen, haben sich mit Versicherungsanbietern zusammengeschlossen, um UBI anzubieten. Sie bevorzugen Partnerschaften aufgrund der sehr unterschiedlichen Vorschriften und Geschäftsmodelle in der Versicherungsbranche. Einige Hersteller haben jedoch auch eigene Versicherungsmodelle entwickelt. Tesla bietet beispielsweise eine eigene Versicherung an, und Volvo bündelt die Versicherung mit anderen praktischen Dienstleistungen in einem einzigen monatlichen Abonnement. Ähnlich bietet Mercedes-Benz für ausgewählte Modelle der EQ-Reihe eine umfassende Versicherung an, die Ladegeräte, Kabel und Batterien zu Hause abdeckt und in einem monatlichen Abonnement (MB My Choice) zusammengefasst ist.
  • Pay as you drive
    Bei der "Pay as you drive"-Versicherung werden die Versicherungskosten auf der Grundlage der tatsächlichen Nutzung des Fahrzeugs berechnet. Mit dem Rückgang des Autobesitzes und der zunehmenden Beliebtheit von Kurzzeitmobilitätsformaten haben Drittanbieter wie Sixt, Lemonade und andere Versicherungsunternehmen die Möglichkeit, mehr kurzfristige Versicherungsoptionen für Fahrer anzubieten. Einige Drittanbieter haben auch Mobilitäts-Dachversicherungen in ihrem Portfolio, die nicht an ein bestimmtes Fahrzeug gebunden sind.

2. Predictive Maintenance

Bei der prädiktiven Wartung vernetzter Fahrzeuge werden Daten von Sensoren und aus anderen Quellen analysiert, um Muster und Trends zu erkennen, die frühzeitig auf potenzielle Fahrzeugprobleme hinweisen. Obwohl die vorausschauende Wartung kein neues Gebiet der Konnektivität ist, hat sie sich noch nicht so weit durchgesetzt, wie man vielleicht annehmen könnte. Derzeit wird sie hauptsächlich in der Produktion eingesetzt. Es gibt jedoch eine Reihe von Aftermarket-Produkten, die vorgeben, vorausschauende Wartungsfunktionen für Fahrzeuge auf der Straße zu bieten.

  • Pkw
    Die vorausschauende Wartung von Personenkraftwagen geht weit über die herkömmliche Instandhaltung hinaus. Funktionen wie Reifenüberwachungssysteme, intelligente Ölsensoren und die Erfassung des Kilometerstands sind bereits gängige Praxis. Die Zukunft der vorausschauenden Wartung umfasst noch detailliertere Daten. Wenn ein Auto beispielsweise in einen Unfall verwickelt wird, nimmt es automatisch Kontakt mit dem Autohändler auf und bestellt alle benötigten Teile. Durch die Nutzung von On-Board-Daten können OEMs Teile proaktiv reparieren und austauschen. Die vorausschauende Wartung ist auch nützlich, um Rückrufaktionen zu vermeiden und die Kundenbeziehungen zu OEMs und Händlern während der gesamten Lebensdauer eines Fahrzeugs aufrechtzuerhalten. Bei Personenkraftwagen ist Tesla führend bei der Bereitstellung von Predictive Maintenance in großem Maßstab.
  • Nutzfahrzeuge
    Flottenfahrzeuge haben bestimmte Nutzungsmuster, die sich aufgrund der weitaus höheren Nutzung stark von denen privater Fahrzeuge unterscheiden. Für Flottenbesitzer ist es ein großer Vorteil, wenn sie Probleme frühzeitig erkennen und Rückrufaktionen vermeiden können. Daimler Truck und Volvo Trucks bieten bereits seit einiger Zeit vorausschauende Wartungssysteme für Nutzfahrzeuge an, die unterschiedlich weit entwickelt sind. Die meisten Systeme sind zwar in der Lage, Fehlercodes und Aktionspläne zu übermitteln, wenn Anomalien festgestellt werden, aber die genaue Vorhersage von Problemen, bevor sie auftreten, hängt von der Leistungsfähigkeit des maschinellen Lernens ab. OEMs, Zulieferer und Start-ups entwickeln derzeit diese Technologie weiter.

3. After-Sales

Trotz seines Potenzials hat das After-Sales-Segment im OEM-Geschäft noch nicht die erwarteten Erträge gebracht. Die Aftersales-Phase erstreckt sich in der Regel über zwei bis drei Jahre nach dem Kauf eines Fahrzeugs bis zum Ende der Garantiezeit. Während dieser Zeit versuchen die Automobilhersteller, ihre Interaktion mit den Fahrzeugbesitzern zu verstärken, indem sie Service- und Hardware-Optionen anbieten, wobei sie auch die Bedeutung der Händler in diesem Prozess berücksichtigen.

  • Multi-Service-Marktplatz
    Das Potenzial für den Kundendienst geht über Apps und Dienste hinaus und erstreckt sich auf Marktplätze für fahrzeuginterne Anwendungen. Maßgeschneiderte Serviceempfehlungen können auf der Grundlage von Faktoren wie Anzahl der Fahrgäste, Route und Gewohnheiten des Fahrers erstellt werden. Hersteller wie Cadillac, Audi, Porsche, BMW, Mercedes-Benz und Tesla sind derzeit Vorreiter bei dieser Entwicklung.
  • Pay more, play more
    Eine neuere Entwicklung im Bereich der Kundendienstleistungen ist die Freischaltung vorhandener Softwarefunktionen in Fahrzeugen, auch bekannt als "pay more, play more". Beispiele hierfür sind schnellere Ladegeschwindigkeiten, größere Batteriereichweiten und Selbstfahrfunktionen bei Tesla-Fahrzeugen, Motorfernstart, Fahrtenschreiber, Einparkhilfe und Sitzheizung bei BMW-Fahrzeugen sowie zusätzliche Leistung bei Elektrofahrzeugen von Mercedes-Benz. Hierbei wird mit ersten Angeboten experimentiert: Mercedes hat zum Beispiel ein 1.200 US-Dollar pro Jahr teures "Acceleration Improve"-Abonnement eingeführt, das die Leistung ihrer Elektro-Limousinen EQE und EQS verbessert.
  • Over-the-Air (OTA)-Bereitstellung von Diensten
    Trotz der zunehmenden Verbreitung von OTA-Updates sind diese noch nicht die Norm. Derzeit verfügen nur wenige OEMs über das technische Know-how, um konsistente Software- und Firmware-Updates für ihre gesamte Fahrzeugflotte bereitzustellen. Dennoch sind viele Automobilhersteller in der Lage, OTA-Updates für bestimmte Bereiche wie Infotainment und Navigation anzubieten, während andere Updates einen Besuch beim Händler erfordern. BMW bietet beispielsweise Software-Updates an, die das Infotainmentsystem, ausgewählte ADAS-Funktionen und den allgemeinen Komfort der Fahrzeuge verbessern. GM nutzt OnStar für OTA-Updates und hat kürzlich seine Vehicle Intelligence Platform (VIP) und Ultifi, eine neue Plattform für nahtlose Updates, eingeführt. Volvos Polestar bietet OTA-Updates, die sich auf die Verbesserung der Batterieleistung von Elektrofahrzeugen und der DC-Ladegeschwindigkeit konzentrieren. Es wird erwartet, dass die Automobilhersteller mit fortschreitender Entwicklung in der Branche umfassendere OTA-Updates mit höherer Frequenz und schnelleren Download-Geschwindigkeiten anbieten werden.

4. EV-Fahrerlebnis

Derzeit geht es bei Elektroautos nach wie vor um die Verringerung der Reichweitenangst. Um dieses Problem zu lösen, investieren die Automobilhersteller in Schnellladeinfrastrukturen und entwickeln Lösungen, die Daten über die Elektrobatterien, das Fahrverhalten und andere Faktoren nutzen, um zeitnahe Ladelösungen anzubieten und die Fahrtunterbrechungen zu minimieren. Ein aktuelles Beispiel ist die von Renault entwickelte Plattform "Plug Inn", ein Peer-to-Peer-Ladenetzwerk im Stil von AirBnb zur Eigenstrom beziehungsweise -anlagen-Vermietung in abgelegenen Dörfern in Frankreich.

In ganz Europa und den USA bauen Autohersteller ein Netz von Gleichstrom-Schnellladestationen auf. Beispiele sind das Supercharger-Netz von Tesla, die Schnellladestationen von Electrify America der VW-Gruppe und das Joint Venture Ionity von BMW, Mercedes-Benz, Ford, Volkswagen und Hyundai. Renault und Mercedes haben angekündigt, in den nächsten Jahren Schnellladenetze aufzubauen.

Die Automobilhersteller forschen auch an Bezahlmethoden, um den Ladevorgang zu verbessern. Hersteller von Ladegeräten wie ChargePoint, Blink und Vestel haben digitale Funktionen integriert, die die Ladekosten auf der Grundlage der an die Batterie abgegebenen Strommenge und nicht der Zeit berechnen, während der das Fahrzeug an die Steckdose angeschlossen ist. Die Industrie erforscht auch Zahlungsmethoden, um das Ladeerlebnis zu verbessern, wie zum Beispiel das Laden im Abonnement oder Rabatte in Zusammenarbeit mit Tankstellen und Lebensmittelgeschäften.

5. Daten-Marktplätze

Einige OEMs haben versucht, Fahrzeugdaten durch den Verkauf an Dritte zu monetarisieren. Dieser Ansatz hat jedoch nicht die erwarteten Erträge gebracht. Die Rentabilität ist ein ständiges Problem für Datenaggregatoren wie Wejo und Otonomo. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, die Daten so zu bereinigen, zu standardisieren und zu verpacken, dass sie von externen Parteien effektiv genutzt werden können. Eine weitere große Hürde ist die Bereitstellung einer ausreichenden Menge an Daten, um externen Parteien einen umfassenden Überblick über eine ganze Flotte oder ein Parksystem zu ermöglichen. Trotz dieser Herausforderungen hat Stellantis vor kurzem Mobilights, seine Data-as-a-Service-Abteilung, ins Leben gerufen und plant, um Daten aus vernetzten Fahrzeugen an private Unternehmen, öffentliche Versorgungsunternehmen sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen zu lizenzieren. Toyota lizenziert auch Fahrzeugkonfigurationsdaten und Servicehistorien. 

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