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25.10.2022 | Aus- und Weiterbildung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Brauchen Deutsche Nachhilfe in Schlüsselkompetenzen?

verfasst von: Annette Speck

5 Min. Lesedauer

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Während die Wirtschaft vor zahlreichen Herausforderungen steht, sinkt das Wissen der Deutschen in zukunftsweisenden Schlüsselbereichen. Unternehmen müssen deshalb mehr in Aus- und Weiterbildung investieren. Sonst werden sie abgehängt. 

Traditionell genießt das deutsche Berufsausbildungssystem einen guten Ruf in der Welt. Doch das ist kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen. Denn laut dem Global Skills Report 2022 von Coursera schneidet Deutschland beim internationalen Vergleich der drei Schlüsselkompetenzbereiche Technologie, Wirtschaft und Data Science schlechter ab als 2021. So ist Deutschland in der Gesamtwertung um fünf Plätze gefallen und liegt nun im globalen Ranking auf Platz neun, im europäischen Vergleich auf Platz sechs. 

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Sieben der Top-Ten-Wissensnationen kommen aus Europa

Das höchste Kompetenzniveau weltweit erreichen demnach wie im Vorjahr die Lernenden aus der Schweiz. Zu den Global-Top-Five gehören ferner Dänemark (2), Indonesien (3), Belgien (4) und Singapur (5). Unterdessen rangieren die USA bei der Gesamtwertung der Qualifikationen unverändert auf Platz 29. Japan steht an sechster Stelle, Großbritannien auf Platz 38 und China auf 52.

Diese Ergebnisse basieren auf der Analyse der Daten von mehr als 100 Millionen Lernenden in über 100 Ländern, die im vergangenen Jahr die Onlineplattform Coursera nutzten, um sich weiterzubilden. Für den Global Skills Report werden dabei die stark nachgefragten Qualifikationsbereiche Business, Technologie und Data Science länderbezogen ausgewertet und die Kompetenzniveaus der Länder miteinander verglichen.

Bei Technologiekompetenzen hapert es in Deutschland

Die deutschen Lernenden erzielen dem Report zufolge ihre besten Ergebnisse im Bereich Wirtschaft. Hier wurde ein Kompetenzniveau von 92 Prozent ermittelt, womit Deutschland weltweit Platz neun erreicht, aber gegenüber 2021 um einen Platz abrutscht. Jeweils sechs Plätze hat Deutschland in den Bereichen Data Science (Rang 13) und Technologie (Rang 16) eingebüßt. Die größten Defizite bestehen offenbar beim Thema Sicherheitstechnologie.

Rangliste der deutschen Skills und Leistungsniveaus

Business

  • Platz: 9
  • Rangänderung zu 2021: minus 1

Niveau in %

Technologie

  • Platz: 16
  • Rangänderung zu 2021: minus 6

Niveau in %

Data Science

  • Platz: 13
  • Rangänderung zu 2021: minus 6

Niveau in %

Sales

91

Datenbanken

54

Machine Learning

91

Leadership + Management

89

Programmierung

83

Mathematik

81

Strategie + Arbeitsweise

81

Cloud Computing

75

Statistisches Programmieren

79

Kommunikation

93

Softwareentwicklung

97

Datenvisualisierung

73

Human Resources   

88

Web Development

76

Datenanalyse

82

Buchhaltung

56

Sicherheitstechnologie

34

Data Management

86

Unternehmertum   

85

Computer Networking

44

Wahrscheinlichkeitsrechnung + Statistik

92

Finanzen

93

Mobile-Entwicklung

78

 --

--

Marketing

91

Theoretische Informatik

86

  --

--

  --

  --

Betriebssysteme

92

  --

--

Quelle: Global Skills Report 2022, Coursera

Internetzugang ist entscheidend für Kompetenzerwerb

Ferner bestätigt der Global Skill Report einmal mehr den Zusammenhang von Wohlstand und Bildung. So erzielen wohlhabendere Länder der Auswertung zufolge höhere Werte bei der Gesamtkompetenz. Zudem zeigt sich, dass geringere Möglichkeiten des Internetzugangs mit einem niedrigeren Niveau an Fähigkeiten einhergehen.

Über die regionalen Auswertungen hinaus identifiziert der Report folgende globale Trends:

  • Der Anteil der Frauen, die sich für Einsteiger- oder "Gateway"-Zertifikatskurse anmelden, stieg von 25 Prozent im Jahr 2019 auf 40 Prozent im Jahr 2021.
  • Bei den Kursen zu menschlichen Fähigkeiten kamen mehr Lernende aus Industrieländern, bei den Kursen zu digitalen Fähigkeiten mehr aus Entwicklungsländern.
  • Die Lernenden nutzten Coursera auch stark, um die Pandemie zu verstehen. Die Zahl der Kursteilnehmenden zu den Themen Epidemiologie, Resilienz und Risikomanagement ist heute viermal höher als vor der Pandemie.

Neue Formen der Wissensvermittlung 

Markus Jüster und Andreas Müller gehen davon aus, dass sich in der zunehmend hybriden und von immer kürzeren Prozesszyklen getriebenen Arbeitswelt neue Formen der Wissensvermittlung etablieren werden. Dabei werde Wissen nicht mehr einfach kuratiert, sondern arbeits- und lebensweltbezogen in eine prozess- und biografieorientierte Dramaturgie eingebunden, schreiben die Springer-Autoren in dem Buchkapitel "Die Entbettung beruflicher Aus- und Weiterbildung – Zur digitalen Transformation des Corporate Learning". (Seite 114) 

Da mit dem pandemiebedingten Einbruch der Präsenzweiterbildung digitale Weiterbildungsangebote einen Schub erhalten haben, müssen Corporate-Learning-Angebote zunächst einmal dabei helfen, digitale Lernkompetenzen aufzubauen. Dabei ermögliche digitales Lernen nicht nur eine veränderte Vermittlungsform, sondern habe vielmehr einen deutlichen Impact auf die gesamte Lernsituation, betonen Jüster und Müller. "Mitarbeitende können in einem immer stärkeren Maße selbst entscheiden, welche Weiterbildung sie besuchen, welche Kurse sie belegen und welche Fähigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen sie entwickeln", heißt es auf Seite 125.

Beschäftigte stecken sich eigene Weiterbildungsziele

Mitarbeitende werden damit zunehmend zu aktiv Nachfragenden und setzen sich neben betrieblichen auch eigene Ziele in der Weiterbildung. Daraus ergäben sich verschiedene, teilweise neue Lernstile (Seite 125/126): 

  • Der instruktive Stil, bei dem es um die Vermittlung von Fachwissen und einfachen Fertigkeiten geht.
  • Der partizipative Stil, bei dem Aufgaben und Ziele benannt werden, Lösungswege jedoch selbstständig gesucht und eigene Schwerpunkte gesetzt werden können.
  • Der reflexive Stil, bei dem es nicht mehr allein um die Frage geht, was gelernt werden soll, sondern warum, weil hier individuelle und kollektive Ziele avisiert werden.
  • Der strategische Stil, bei dem Lernen nicht nur in Berufswege eingebunden, sondern mit in den Kontext von Entwicklungsaufgaben eingebunden und nach seiner Sinnhaftigkeit gefragt wird.

Vor diesem Hintergrund wandelt sich die Rolle der Unternehmen vom Veranstalter von Weiterbildungen zunehmend hin zum Begleiter ihrer Beschäftigten auf deren Berufsweg. "Dadurch wird aber auch die Bindung zum Unternehmen brüchiger, die Mitarbeitenden entbetten ihren Karriereweg aus der Integration an ein singuläres Unternehmen", konstatieren die Springer-Autoren. (Seite 126) 

Erfahrungsbasierte Lernmethoden sind am effektivsten

Aufhalten lässt sich der Trend zu strategischen und selbstgewählten Weiterbildungen allerdings nicht. Schließlich verlangen Unternehmen von ihren Mitarbeitenden und Bewerbern die Bereitschaft zu lebenslangem und selbstverantwortlichem Lernen und profitieren auch davon.

Eine Alternative zu lehrbasierten Methoden wie Seminaren oder E-Learnings sind indessen erfahrungsbasierte Methoden (Lernen durch Tun). Diese weisen noch dazu die höchste Effektivität unter den Fort- und Weiterbildungen auf, wie Stefan Huf zum Thema "Qualifizierung und Förderung der Mitarbeiter" erklärt. Er verweist auf das 70-20-10-Konzept, das Firmen empfiehlt, "dass erfahrungsbasierte Methoden 70 Prozent der Fort-/Weiterbildung ausmachen sollten, relationale Methoden [= Lernen durch Rückmeldungen von erfahrenen Personen wie Coach oder Mentor] 20 Prozent und lehrbasierte Methoden lediglich zehn Prozent", schreibt er auf Seite 96.

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