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10.10.2023 | Forderungsmanagement | Im Fokus | Online-Artikel

Working Capital Management gibt der Liquidität Power

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

3:30 Min. Lesedauer

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Es bieten wieder fast so viele Unternehmen ihren Kunden ein Zahlungsziel an wie zu Vor-Corona-Zeiten. Doch die gesetzten Fristen werden kürzer, weil die Zahlungsmoral schwindet. Doch ein starkes Working Capital Management mindert Liquiditätslücken durch Zahlungsverzug.

Erst Covid-19, dann der Ukraine-Krieg haben das Zahlungsverhalten in der deutschen Wirtschaft seit Jahren geprägt. Trotz anhaltender konjunktureller Schwierigkeiten haben sich im Verlauf des aktuellen Geschäftsjahres die Zahlungserfahrungen deutscher Unternehmen nun wieder in Richtung des vorpandemischen Niveaus bewegt. Laut der aktuellen Coface-Studie von Mitte September räumen 79 Prozent der insgesamt 1.075 Juli und August befragten Unternehmen aus 13 Branchen ihren Kunden ein Zahlungsziel ein und gewähren diesen damit einen Lieferantenkredit. Dieser Wert liegt acht Prozentpunkte über dem Vorjahr und fast wieder auf dem Niveau von 2019 (81 Prozent), berichtet der Kreditversicherer. 

Die kürzesten Zahlungsziele seit 2017

"Auf den ersten Blick deutet diese Entwicklung auf eine Entspannung hin. Allerdings versuchen die Unternehmen immer früher an ihr Geld zu kommen", betont Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen fordert ihr Geld der Erhebung zufolge innerhalb von 30 Tagen. Der durchschnittliche Lieferantenkredit erreicht mit 32 Tagen den niedrigsten Stand seit 2017. 

Mit 20 Tagen bitten Firmen aus dem Baugewerbe bereits im vierten Jahr in Folge ihre Kunden am schnellsten zur Kasse. Diese durften sich 2022 noch vier Tage mehr Zeit lassen. Der Automobilsektor ist mit einem durchschnittlichen Zahlungsziel von 47 Tagen am großzügigsten. Kunden haben hier sogar fünf Tage mehr Zeit, ihre Rechnungen zu begleichen, als im Vorjahr. 

Drei Viertel der Betreibe erleben Zahlungsverzug

Dass viele Betriebe auf eine schnelle Zahlung bestehen, liegt an der Zahlungsmoral, die sich 2023 weiter verschlechtert hat. Bereits 2022 war der Anteil von Unternehmen, die länger als vereinbart auf ihr Geld warteten, um sechs Prozent auf 65 Prozent geklettert. In der aktuellen Befragung geben insgesamt 76 Prozent an, in den vergangenen zwölf Monaten von einem Zahlungsverzug betroffen gewesen zu sein. 

Am häufigsten betroffen sind aktuell die Automobil- (88 Prozent) sowie die Transportbranche (85 Prozent). Der Textil- und Bekleidungssektor hat mit 58 Prozent den niedrigsten Anteil an Unternehmen, die länger auf ihr Geld warten mussten. 2020 belegte der Sektor noch den Spitzenplatz. Mit 22 Tagen haben Unternehmen des Papier- und Verpackungssektors nach wie vor die kürzeste Wartezeit. In der Finanzbranche ist diese mit 39 Tagen am höchsten.

Kunden mit Mahnungen nicht verprellen

Die Praxis zeigt, dass viele Unternehmen sehr großzügig beim Forderungsmanagement sind: Säumige Kunden werden häufig sehr schonend und erst mit Verzögerung auf ausstehende Zahlungen hingewiesen. In vielen Fällen will insbesondere die Verkaufsabteilung den Kunden nicht verprellen", erläutert Heinz-Jürgen Klepzig die Problematik im Working Capital Management. 

Anhand des Beispiels eines mittelständischen Anlagenbauers zeigt der Springer-Autor die Probleme, die trotz guter Auftragslage und ausreichend kalkulierter Aufträge entstehen können, wenn nur wenige der überwiegend solventen Kunden vertragsgemäß zahlen und der verantwortliche Vertrieb das Inkasso im Sinne einer guten Kommunikation zum Kunden vernachlässigt. 

Einfache Übersicht zeigt Liquiditätslücken

Schließlich zeigte eine manuell geführte Übersicht, in welchem Monat für die einzelnen Aufträge An-, Zwischen- und Endzahlungen zu erfolgen haben. Ergänzend wurde aufgeführt, in welchen Monaten ausgabewirksame Kosten pro Auftrag und sonstigen Kosten, etwa für die Verwaltung, anfallen. Diese Vorschau offenbarte bereits im Vorfeld zentrale Liquiditätsschwächen. "Diese zugegeben recht grob gestrickte Vorgehensweise brachte gute Ergebnisse: Insbesondere wurde durch die Übersicht transparent, ob Kundenzahlungen pünktlich erfolgten", so Klepzig.

In der Folge musste unter anderem der Vertrieb proaktiv vor dem Zahlungstermin, aber erst recht nach Fälligkeit tätig werden. Dabei wurden die Vertriebsprovisionen erst nach Zahlungseingang und nicht wie bisher im Monat des Vertragsabschlusses verrechnet. 

Maßnamen des Working Capital Managements 

Außerdem führte das Unternehmen unter anderem 

  • standardisierten Zahlungsbedingungen mit Definition der zahlungsauslösenden Ereignisse, 
  • Regelungen für Zahlungsverzug, 
  • die Risikoanalyse vor Vertragsabschluss mit Klärung von unter anderem Zahlungssicherheiten, Kreditlimits, Bonität, Forderungsausfallabsicherung sowie Projektrisiken, 
  • eine Ursachenanalyse für überfällige Forderungen, 
  • den Aufbau eines einfachen Incentive-Systems für den Vertrieb bei Reduzierung des Working Capital, 
  • eine zügigere Schnelle Rechnungsstellung und -zustellung,
  • ein systematisches Mahnwesen mit klar definierten Eskalationsstufen sowie 
  • ein regelmäßiges Controlling mit Liquiditätsübersicht und ihre Besprechung in den Geschäftsleitungssitzungen ein.

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2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

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Quelle:
Handbuch Controlling

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