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14.09.2023 | Klimaschutz | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie der Klimawandel Führungsgenerationen spaltet

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

5 Min. Lesedauer

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Untätigkeit, Aktionismus und andere Vorwürfe: Geht es um den Klimawandel kollidieren regelmäßig die Ansichten von Jung und Alt. Auch in Unternehmen. Dabei braucht der Wandel Menschen, die an einem Strang ziehen können.

Brennt die Erde, oder verrennen sich alle in Panik und bauschen das Klimaproblem übergroß auf? Sobald die Themen Umwelt- und Klimaschutz auf dem Tisch landen, steigt so manchem Vertreter der Boomer-Generation der Puls, noch bevor der erste Satz mit den Wörtern "CO2-Ausstoß", "ignorieren", "verschlafen" und "1,5-Grad" gebildet ist. Dabei sind es fast immer Vorurteile und verzerrte Wahrnehmungen, die den Generationenkonflikt schüren.

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Das Narrativ vom Generationenkonflikt gehört relativiert

Hier die Klima-Aktivisten, denen die Rettung der Erde nicht schnell genug geht. Dort die ausgestellte Lässigkeit derer, die das alles irgendwie mit verschuldet haben sollen und nun "gemach-gemach" rufen, während sie das Grillfleischbuffet mit den Solarpanelen auf dem Dach neutralisiert glauben. Aber gibt es diesen Konflikt zwischen Jung und Alt beim Thema Klimawandel wirklich oder ist das alles nur eine gut gepflegte Erzählung der Medien, weil sich mit Streit immer was anfangen lässt?  

Tatsächlich sind sich die Generationen in der Sache weitgehend einig, wie aus der Generationenstudie der R+Versicherung mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos vom vergangenen Herbst hervorgeht. Vor dem Hintergrund von Klimaanpassung, Energiewende und Transformation der Wirtschaft wurden Panelisten der Generation Z und der Babyboomer zu ihren Werten und Zukunftsperspektiven befragt. So stimmten 75 Prozent der GenZ und 72 Prozent der Boomer der Aussage zu, dass der Mensch den Klimawandel zu verantworten habe. 

Der Bias lässt Generationen aneinander geraten

Auch darin, dass der Klimawandel die Existenz der Menschheit bedroht (67 Prozent / 66 Prozent), die reichen Industrieländer den Klimawandel zu verantworten haben (56 Prozent / 55 Prozent), die armen Länder die Folgen aber ausbaden müssen (46 Prozent / 46 Prozent) gibt es keinen Dissens. Allerdings wünschen sich 75 Prozent der Gen Z einen aktiveren Staat bei der Bewältigung der Aufgaben. Unter den Boomern stimmen dem etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) zu, die knappe andere Hälfte (47 Prozent) findet, dass die Bemühungen ausreichend bis übertrieben sind. Ist der Generationenkonflikt also weitgehend ein Klischee?

"Der Generationenkonflikt fällt aus", urteilen die Studienautoren. Stattdessen stellen sie divergierenden Selbst- und Fremdwahrnehmungen innerhalb der Generationen fest, was mit dem social desirability bias erklärt wird: Befragte neigen dazu, ihre Selbstwahrnehmung an die gesellschaftliche Erwartung anzupassen. Wenn Konflikte entstehen, dann deshalb, weil beide Seiten den öffentlich manifestierten Vorurteilen auf den Leim gehen: "Die Vorstellungen, die die ältere Generation von der Jüngeren hat und umgekehrt, unterscheiden sich relativ stark; sie decken sich mit den medial geprägten Bildern der Generationen."

Auch im Top-Management stören Wahrnehmungsfehler das Miteinander

Vor solchen verzerrten Wahrnehmungen ist auch das Top-Management globaler Unternehmen nicht gefeit. Wie Spannungen zwischen den Führungsgenerationen den Wandel bedrohen, das zeigt die Erhebung "Voices of the Leaders of Tomorrow 2023" des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) und des St. Gallen Symposiums. 

Die Studie identifiziert Meinungsverschiedenheiten und Generationenkonflikte, die sich dann verschärfen, wenn Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise auf den Tisch kommen. Einig sind sich alle darin, dass der freie Markt und individuelle Verhaltensänderungen die Klimakrise nicht von alleine regeln werden: 69 Prozent der jungen und sogar 90 Prozent der älteren Führungskräfte glauben, dass nachhaltiger Wandel nur durch Regeln, Gesetze und Marktregulierung zu erreichen ist. 

Reibungen entstehen vor allem zu den Fragen "Wie schlimm ist die Klimakrise?" und "Wie radikal müssen wir handeln?". So trauen nur 26 Prozent der 750 befragten Nachwuchsführungskräfte der älteren Generation zu, die Folgen der Klimakrise und die Notwendigkeit zu handeln, realistisch einzuschätzen. Im Gegensatz dazu gehen 77 Prozent der 300 befragten Top-Führungskräfte von Einigkeit und gemeinsamen Zielen aus. 

Weitere Konfliktherde in der Klimadebatte sind laut Studie:

  • Zwei Drittel der Führungskräfte von morgen glauben, dass die Macht und Verantwortung nicht gerecht verteilt seien, während die ältere Generation mehrheitlich meint, alle Entscheidungsgewalt sei gerecht aufgeteilt.
  • 57 Prozent der jungen Führungskräfte fordern einen nachhaltigen Wandel der Wirtschaft in einem komplett umstrukturieren wirtschaftlichen und politischen System, während 80 Prozent der älteren Generation die Transformation innerhalb des etablierten wirtschaftlichen und politischen Systems realisiert haben wollen
  • 98 Prozent der älteren Managerinnen und Manager lehnen jede Einschränkung ihrer Individualrechte ab, 58 Prozent der Leaders of Tomorrow wären bereit, Eigentumsrechte oder Vertragsfreiheit zugunsten des nachhaltigen Wandels einzuschränken.

Generationenkonflikte mit Generational-Wisdom lösen

Die Klimakatastrophe, der Krieg in der Ukraine und die verlorenen Jahre der Corona-Pandemie, das alles trifft alle Generationen gleichermaßen. Die verschiedenen Erfahrungen, Erwartungen und Wertemuster allerdings bestimmen den Umgang mit Krisen sowie die Handlungsfähigkeit des Einzelnen und seiner Generation. Generational-Wisdom ist daher für Springer-Autorin Helene Einramhof-Florian die Schlüsselqualifikation von Führungskräften zur guten Zusammenarbeit der verschiedenen Altersstufen: "Jedes Alter bringt einen anderen Erfahrungshorizont mit sich und hat eine unterschiedliche Auffassung davon, wie eine gute Zusammenarbeit funktionieren kann (Seite 81)."

Erwartungen der vier Generationen an Organisationsstrukturen: (Seite 83)

Generation

Erwartungen

Babyboomer

Hierarchien, klare Strukturen, Autoritäten, moderne Matrixstrukturen

Generation X

Vereinfachte Struktur und Freiraum für selbstbestimmtes Arbeiten

Generation Y

Flache Hierarchien, auf Augenhöhe, tut sich schwer damit, Autorität zu akzeptieren, direkte Kommunikationswege

Generation Z

Klare Strukturen, auf Augenhöhe, will von kompetenten Kolleg*innen und Führungskräften lernen

Mit Generationen-Management zu mehr Einigkeit und Gerechtigkeit

Es braucht also ein gelingendes Generationen-Management, wie es Springer-Autor Martin Klaffke vorschlägt. "Unterschiedliche Erwartungshaltungen einzelner Altersgruppen und neue Verhaltensweisen der Jungen sind per se kein neues Phänomen (Seite 12)", beruhigt er die Debatte. Angesichts der Herausforderungen Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit fordert er eine "weitreichende Flexibilisierung" (Seite 14) organisationaler Strukturen. 

Erfolgreiches Generationen-Management kommt den Grundbedürfnissen nach Wohlbefinden aller Altersgruppen nach und garantiert faire, gleichberechtigte Teilhabe an Unternehmensprozessen. Gleichzeitig warnt Klaffke davor, generationengerechte Umstrukturierungsprozesse mechanisch an den bekannten Alters- und Generationen-Stereotypen auszurichten und damit unversehens zu verfestigen. Kennzeichen der neuen Arbeitswelt sind für ihn" Ergebnisorientierung sowie Selbstverantwortung und Autonomie der Beschäftigten" (Seite 14).

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