Skip to main content

2021 | Buch

Masing Handbuch Qualitätsmanagement

verfasst von: Tilo Pfeifer, Robert Schmitt

Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG

insite
SUCHEN

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Qualitätsmanagement als Basisaufgabe für den Unternehmenserfolg

Frontmatter
1. Das Unternehmen im Wettbewerb

Qualität verkörpert die Übereinstimmung der Beschaffenheit eines Produkts oder einer Dienstleistung mit den Forderungen bzw. Erwartungen des Kunden, welche von diesem stets im Vergleich zu konkurrierenden Produkten und Dienstleistungen bewertet wird. Prof. Masing stellt in diesem Kapitel, das aufgrund der hohen Aktualität des Inhalts unverändert aus der vorhergehenden Auflage übernommen wird, die Bedeutung des Qualitätsmanagements für Unternehmen dar und zeigt auf, wie das Qualitätsmanagement diesen hilft im Marktgeschehen zu bestehen. Das für das Marktgeschehen fundamentale Verhältnis von Kunde und Lieferant (Lieferer) wird vor dem Hintergrund der Definition des Qualitätsbegriffs prägnant erläutert.

Walter Masing
2. Die Entwicklung des Qualitätsmanagements im 20. und 21. Jahrhundert

Walter Masing hat in seinen unterhaltenden Vorträgen den Beginn des Qualitätsmanagements immer beim Beginn der Arbeitsteilung frühester menschlicher Gemeinschaften angesiedelt. Im Grunde, sagte er, musste zu jener Zeit jeder alles können. Dennoch war der eine besonders gut darin, Steine zu Pfeilspitzen zu verarbeiten, der andere konnte erstklassige Bögen fertigen und ein Dritter war mit dem Bogen besonders treffsicher. Individuelle Talente, Erfahrungen, Training und daraus resultierende Kompetenzen führten dazu, etwas besonders gut tun zu können. Es lag also nahe, die besten Pfeilspitzen, die besten Bögen und die besten Jagddienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Unterschiedliche Qualitätsergebnisse haben die Spezialisierung in Handwerk und Dienstleistung begünstigt. Umgekehrt hat die Spezialisierung den Erfahrungs- und Kompetenzgewinn verstärkt sowie Innovationen und Qualität begünstigt.

Benedikt Sommerhoff
3. Qualitätsgerechte Organisationsstrukturen

Mit der Entwicklung hin zur Industrie 4.0 werden für Unternehmen tiefgreifende Veränderungen und die Bewältigung neuer Aufgaben assoziiert. Im Umgang mit diesen Veränderungen ist ein effektives und effizientes Unternehmensführungssystem wichtig. Das auf der Unternehmensstrategie basierende Führungssystem dient der Sicherstellung von Wirksamkeit, Systematisierung und Koordination des gesamtunternehmerischen Handelns (Macharzina/Wolf 2017). Abgebildet und umgesetzt wird das aus verschiedenen Teilführungssystemen bestehende Führungssystem durch die Organisation. Diese bildet eine Struktur ab, die durch dauerhafte Regeln konstituiert wird und Aufgaben, Abläufe und Verantwortlichkeiten organisatorisch verankert (Seghezzi et al. 2007).

Ina Heine, Thomas Hellebrandt, Tilo Pfeifer, Robert H. Schmitt
4. Vom Qualitätsmanagement zum strategischen Geschäfts-prozessmanagement

Sachgerecht interpretiert und konsequent angewandt, können die Forderungen der Qualitäts-management- Normen die Einführung eines strategischen Geschäftsprozessmanagements (GPM) unterstützen, weil sie das Denken in Prozessen fördern und damit die Leistungsfähigkeit des Unternehmens verbessern. Nichts anderes will das aus der Organisationslehre kommende Geschäftsprozessmanagement.

Horst Ellringmann
5. Qualitätsbezogene Kosten

Kritiker des Qualitätsmanagements stellen trotz dieses wichtigen Postulats von Nietzsche immer wieder heraus, dass das Qualitätsmanagement keinen unmittelbar wertschöpfenden Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet und der Mitteleinsatz daher auf ein Minimum beschränkt werden sollte. Der Nachweis für die Wirtschaftlichkeit qualitätsbezogener Aktivitäten muss in der Praxis daher stets aufs Neue erbracht werden und ist ohne die Unterstützung durch geeignete Kennzahlen kaum möglich.Wichtige Größen sind in diesem Zusammenhang die qualitätsbezogenen Kosten. Sie können für die interne Nutzenbewertung des Qualitätsmanagements herangezogen werden und sind für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit unabdingbar. Die Qualitätskosten richtig zu erfassen, ist aufgrund ihrer Eigenschaft als Steuergröße von großer Bedeutung und stellt für das Qualitäts-controlling eine besondere Herausforderung dar.

Roland Jochem, Colin Raßfeld
6. Qualitätsmanagement und Normung

Normung – nicht nur die auf Qualitätsmanagement bezogene – soll die Rationalisierung und die Qualitätssicherung in Wirtschaft, Technik, Wissenschaft und Verwaltung fördern und der Sicherheit von Menschen und Sachen sowie der Qualitätsverbesserung in allen Lebensbereichen dienen.Eine einheitliche, genormte Fachsprache des Qualitätsmanagements erleichtert das Gespräch sowohl zwischen den verschiedenen Betriebsbereichen innerhalb einer Organisation als auch zwischen einer Organisation und ihren Kunden und anderen interessierten Parteien.

Jürgen Jacob
7. Qualitätsmanagement und Recht

Dieses Kapitel befasst sich mit den bedeutsamen juristischen Anforderungen an ein Qualitätsmanagement. Die Auswahl der einzelnen Gebiete beruht zum einen auf dem Erfahrungswissen des Autors, sie ist aber auch das Ergebnis einer Befragung mittelständischer Unternehmen verschiedener Branchen über die Anforderungen an ein juristisch orientiertes Qualitätsmanagement. Ausgewählt wurden die Gebiete Produkt-/Produzentenhaftung, Qualitätssicherungsvereinbarungen (Vereinbarungen zwischen Zulieferer und Hersteller), Produktsicherheitsrecht, namentlich die rechtlichen Anforderungen an Akkreditierung und Zertifizierung, sowie die Bedeutung mandatierter Normen und das Umweltrecht. Sofern sie von Bedeutung sind, warden auch die im Zusammenhang mit Industrie 4.0 bedingten Sachverhalte in die rechtliche Bewertung einbezogen. Dabei wird besonders die additive bzw. generative Fertigungsmethode (3D) berücksichtigt. Die Bearbeitung zielt darauf ab, die für das Unternehmen jeweils verbindlichen Rechtsnormen so aufzubereiten, dass sie als Teile von Prozessen so verarbeitet werden können, dass Haftung vermieden, Verträge vereinbarungsgemäß erfüllt und die rechtlichen Anforderungen, z. B. für die Warenverkehrsfreiheit oder für die Einrichtung von Umweltmanagementsystemen, von vornherein beachtet werden können. Das Kapitel soll konkrete Hilfe sein, um entweder Sanktionen zu vermeiden oder aber die Vorteile rechtlicher Vorgaben ausnutzen zu können.

Jürgen Ensthaler

Qualitätsmanagementsysteme

Frontmatter
8. Konzepte – Modelle – Systeme

Das Qualitätsmanagement entwickelte sich seit seinen Anfängen stetig von einem begrenzten zu einem umfangreichen Ansatz weiter. Ehemals standen ausschließlich das Produkt sowie die damit in Verbindung stehenden technischen Spezifikationen und Standards im Fokus. Heute aber zeigen vielfältige Qualitätskonzepte und - modelle auf, dass nicht die Betrachtung einzelner Produkte oder Parameter, sondern das Unternehmen als Ganzes im Zentrum der Aufmerksamkeit sämtlicher Qualitätsbemühungen steht. Des Weiteren stellt das zunehmende Engagement von Industrieunternehmen zur Erbringung von Dienstleistungen, die an ihre Produkte gekoppelt sind, neue Anforderungen an das Qualitätsmanagement. Zusätzlich zur klassischen Produktqualität muss nun auch die Servicequalität berücksichtigt werden. Nicht zuletzt sind die in allen Branchen und Unternehmensgrößen zu findenden Ansätze operativer Exzellenz ein Indikator dafür, dass Qualität heute als umfassendes und übergreifendes Konstrukt verstanden wird.

Thomas Friedli, Hans Dieter Seghezzi, Marten Ritz
9. Ausgestaltung von QM-Systemen auf Basis der ISO-9000-Reihe

Auf den Punkt gebracht bedeutet Qualitätsmanagement: Kunden-, Mitarbeiter- und Prozessorientierung sowie präventives Verhalten und ständige Verbesserung. Diese fünf Aspekte sind nicht nur an einer Hand abzählbar, sondern auch die Basis für jedes erfolgreiche Unternehmen. Entscheidend ist jedoch, ob QM-Normen einen Beitrag leisten können, um Unternehmen bei diesem Streben zu unterstützen. Bei richtiger Umsetzung der Standards und Forderungen, die aus den Normen abgeleitet werden, ist die Antwort eindeutig positiv.

Karl W. Wagner
10. Integrierte Managementsysteme QM – UM – EM – SGA

Während in der Vergangenheit eine Zertifizierung häufig auf Kundenwunsch angestrebt wurde, haben inzwischen viele Unternehmen erkannt, dass eine konsequente Umsetzung der ISO-Normen zu wesentlichen Verbesserungen im betrieblichen Ablauf führt.Insbesondere die Überarbeitung der ISO 9001 im Jahr 2000, bei der eine prozessorientierte Struktur geschaffen und der Fokus der Norm auf Kundenzufriedenheit ausgerichtet wurde, hat dazu geführt, dass die Norm weniger als Pflicht, sondern vermehrt als Hilfestellung zur Organisation der betrieblichen Abläufe gesehen wurde. Eine ähnlich positive Entwicklung im Sinne von Akzeptanz gab es auch mit neueren Normen. Allerdings führte deren Einführung zu enormer Komplexität, da sie zunächst individuell für die jeweiligen Bereiche, wie z. B. Umweltoder Energiemanagement, verfasst wurden und nicht aufeinander abgestimmt waren. Bei der praktischen Umsetzung führte dies häufig zu redundanten Tätigkeiten im Sinne von Dokumentation oder nicht klar abgegrenzten Verantwortlichkeiten im Unternehmen.

Franz Schreiber, Regina Schreiber
11. Interaktive Managementsysteme

Managementsysteme leiden in vielen Unternehmen unter großen Akzeptanzproblemen. Ohne realen Nutzen, nur Nachweisbürokratie oder nur etwas für Experten, lautet meist das Urteil. Durch die Verknüpfung von prozessorientiertem Qualitäts- und Wissensmanagement mit Social Media-Technologien können diese Schwächen jedoch erfolgreich behoben werden. Kerngedanke sogenannter Interaktiver Managementsysteme ist eine dezentrale Gestaltung der Managementsystem-Dokumentation durch die Entscheider und Wissensträger selbst bei zeitlicher Synchronität zwischen Beschluss und Dokumentation. Dadurch wird die Managementsystem-Dokumentation zum wertvollen Führungs-, Informations- und Kollaborationsportal.

Carsten Behrens
12. Six Sigma

Six Sigma ist eine strategische Initiative zur Verbesserung der Qualität von Prozessen und Produkten, die maßgeblich in den 2000er-Jahren entstanden ist und vorangetrieben wurde. Die in der Vergangenheit realisierten Erfolge bei Motorola und General Electric und aktuelle Unternehmensumfragen belegen, dass Six Sigma ein wirkungsvoller Hebel zur Steigerung der Unternehmenskennzahlen ist. In der Methodik nach Six Sigma werden Verbesserungen durch die systematische Durchführung von Verbesserungsprojekten realisiert.Six Sigma bietet einen Bewertungsmaßstab für die Qualität von Prozessen an. Um die Qualität diesem Maßstab gemäß zu steigern, ist eine Analyse des Prozesses und seiner wesentlichen Prozessparameter notwendig. Zu diesem Zweck nutzt Six Sigma ein einfaches, aber aussagekräftiges Prozessmodell, durch das die wesentlichen Parameter eines Prozesses abgebildet werden. Der Bewertungsmaßstab und das Prozessverständnis von Six Sigma werden in Abschnitt 12.1 und Abschnitt 12.2 erläutert.

Hannes Elser, Kai Wangerow, Quoc Hao Ngo, Robert H. Schmitt
13. Wissensmanagement

Wissen produktiv zu machen, hat Peter Drucker als die größte Management-Herausforderung für das 21. Jahrhundert identifiziert. Die wachsende Bedeutung wissensintensiver Wertschöpfung auf der einen Seite und ein immer geringer werdender Spielraum in der Rationalisierung der industriellen Fertigungsprozesse auf der anderen Seite haben den Produktionsfaktor „Wissen”, der in jedem Produkt, in jeder Dienstleistung, in allen Strukturen und Prozessen steckt, für viele Unternehmen zu einem zentralen Werttreiber gemacht. Eine zielgerichtete und effektive Bewirtschaftung dieses Produktionsfaktors ist daher ein drängendes Anliegen. Dem trägt auch die DIN EN ISO 9001 in ihrer Revision von 2015 (im Folgenden ISO 9001:2015) durch die Formulierung von Anforderungen an den Umgang mit dem Wissen der Organisation Rechnung. Im November 2018 ist auf internationaler Ebene die ISO 30401 hinzugekommen, die Anforderungen an ein Wissensmanagement-System einer Organisation beschreibt. Neben diesen beiden Normen sind seit den 90er Jahren eine Fülle an Definitionen, Strategien, Werkzeugen und Methoden zum Wissensmanagement entstanden, aus denen der Anwender das passende Instrumentarium wählen kann. Und doch oder vielleicht gerade deshalb tun sich Unternehmen in der nachhaltigen Implementierung und Umsetzung von Wissensmanagement nach wie vor schwer.

Gabriele Vollmar, Tilo Pfeifer
14. Dokumentation

Im Qualitätsmanagement (QM) kommt der Dokumentation eine besondere Bedeutung zu, denn sie ist eine notwendige Voraussetzung, um ein unternehmensweites einheitliches Verständnis der Qualitätsziele zu schaffen sowie die dazu erforderlichen Vorgehensweisen zu definieren. Die Beschreibung von Zielen, Vorgehensweisen und Verantwortlichkeiten, also die Definition von Unternehmensstandards, ist eine wesentliche Grundlage, um einen einheitlichen Qualitätsstandard im Unternehmen zu realisieren und diesen im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses stetig anzuheben. Eine Dokumentation ist daher auch in den entsprechenden Normen zum Qualitätsmanagement verankert und somit für eine Zertifizierung unerlässlich. Die QM-Norm DIN EN ISO 9000:2015 definiert in Kapitel 3.8.5 ein „Dokument” als Information einschließlich seines Trägermediums und in Kapitel 3.8.6 eine Information, die von einer Organisation gelenkt und aufrechterhalten werden muss, und das Medium, auf dem sie enthalten ist, als eine „dokumentierte Information” (ISO 9000:2015).

Iris Bruns, Stephan Killich, Alexander Künzer
15. Audit

Das Audit ist eine besondere Form einer Prüfung, bei der festgestellt wird, inwieweit eine be- trachtete Einheit die Forderungen erfüllt, die an sie gestellt werden. Bei der betrachteten Einheit kann es sich um ein Produkt, einen Prozess oder ein System handeln. Die Auditoren sollen organisatorisch nicht zum auditierten Bereich gehören und insofern unabhängig sein. Damit ist das Audit ein bewährtes und wirkungsvolles Managementinstrument. Die mittels Audits gewonnenen Informationen zeigen der Leitung und den geprüften Bereichen den Verbesserungsbedarf und damit die nicht ausgeschöpften Potenziale der Organisation. So können die Auditergebnisse als Ausgangspunkt eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses dienen.

Michael Gropp
16. Zertifizierung von Qualitäts-managementsystemen

Qualität – und zwar die Qualität der Prozesse und ihrer Ergebnisse – ist und bleibt ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor, wenn nicht sogar der entscheidende. Erster Grundsatz und Voraussetzung für jeden geschäftlichen Erfolg ist die Orientierung am Kunden, dessen Erwartungen insbesondere bezüglich Qualität zu erfüllen sind. Von diesem Zusammenhang sind weltweit über eine Million Organisationen und Unternehmen aller Größenordnungen und Branchen in mittlerweile 190 Ländern mit einem zertifizierten Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001:2015 überzeugt (siehe Tabelle 16.1). Sie nutzen ihr Qualitätsmanagementsystem zur Unternehmenssteuerung, um die Bedürfnisse ihrer Kunden zu erkennen und zu verstehen, und verbessern ihre Leistung kontinuierlich durch kluges Wirtschaften mit Ressourcen und ein effizientes Prozessmanagement.

Michael Drechsel

Qualitätsmanagement in der Entwicklung

Frontmatter
17. Qualität und Markt

Ein Kunde hat Bedürfnisse und Wünsche einer aufgrund vielfältiger Gegebenheiten von ihm festgelegten Anspruchsklasse. Er artikuliert sie dem Hersteller gegenüber als Forderungen oder setzt sie stillschweigend, in Form von Erwartungen, voraus. Der Lieferant (Hersteller/Anbieter) verfügt über ein Produkt mit einer bestimmten Beschaffenheit. Unter der Beschaffenheit eines Produktes wird zunächst wertfrei die Gesamtheit aller Merkmale und kennzeichnenden Eigenschaften des Produktes verstanden (N. N. 2000, Masing 1999, Schmitt/Pfeifer 2010). Erst der vom Kunden vorgenommene Vergleich der Beschaffenheit des Produktes mit seinen Forderungen und Erwartungen prägt Qualitätsmerkmale (Masing 1999). Ein Qualitätsmerkmal ist somit ein inhärentes Merkmal eines Produktes, welchem eine explizite Forderung oder ein latentes Bedürfnis zugrunde liegt. Dabei stehen dem Kunden zur Wahrnehmung und Bewertung des Qualitätsmerkmals nur begrenzte Möglichkeiten (seine Sinne) zur Verfügung. Diese werden zudem durch Präferenzen und Automatismen gefiltert. Durch den Abgleich dieser „subjektiven Wahrnehmung” mit eben jenen Forderungen und Bedürfnissen stellt sich der Grad der Kundenzufriedenheit ein (N. N. 2000, Schmitt/Pfeifer 2010).

Thomas Prefi, Björn Falk, Robert H. Schmitt
18. Qualitätsmanagement in der Produktentwicklung

Der Absatz von Produkten ist die Voraussetzung für betriebswirtschaftlichen, aber auch für volkswirtschaftlichen Erfolg. Die zunehmende Globalisierung der Weltwirtschaft öffnet neue Absatz- und Beschaffungsmärkte, stellt aber auch die Unternehmen, die Produkte ohne Alleinstellungsmerkmale liefern, in einen weltweiten Wettbewerb. Neben Protektionismus liegt der einzige konstruktive Weg für Hochlohnstandorte wie die Bundesrepublik Deutschland im ständigen Generieren von Alleinstellungsmerkmalen in Form von Innovationen am Produkt oder im Produktionssystem. Dabei ist Deutschland insgesamt auf einem guten Weg. Der Europäische Innovationsindex 2006 bescheinigt Deutschland und insbesondere dem Südwesten, die innovativste Region Europas zu sein (Mock 2006). Innovationen begründen Kostenvorteile oder fundieren emotionale Entscheidungen, die Kostenargumente zurücktreten lassen. Mit dieser Strategie festigt z. B. die deutsche Automobilindustrie ihre Spitzenposition. Neues zu schaffen birgt aber auch Risiken. Hier ist zunächst das Marktrisiko zu nennen. Es stellt sich die Frage, ob die Anforderungen des Kunden richtig verstanden wurden und die Innovation vom Markt so aufgenommen wird, dass die Renditeziele, die Grundlage für die Investitionsentscheidung waren, erreicht werden können. Das Technologierisiko stellt sich ein, wenn der Markbedarf klar nachweisbar ist, das Unternehmen aber an der Umsetzung scheitert, weil Zeit-, Kosten- oder Qualitätsforderungen nicht erreicht werden. Selten gehen erfolgreiche Innovationen auf Zufälle oder geniale Einzelleistungen zurück. Es wäre auch gefährlich, den Erfolg hiervon abhängig zu machen. Vielmehr geht es darum, systematisch Neues zu schaffen. Organisatorisch stellt sich die Aufgabe, die intellektuelle Leistung vieler Menschen im Unternehmen so zu koordinieren, dass sich Erfolg einstellt. In der betrieblichen Praxis wird diese Aufgabe meist von Projektorganisationen wahrgenommen. Die Steuerung der Projektorganisation und des Produktprojektes ist Aufgabe des Projektmanagements. Studien belegen, dass ein großer Teil aller Produktprojekte – man spricht von bis zu 80 % – einen Teil der Zielstellung im Hinblick auf Zeit, Kosten oder Qualität verfehlen (Tumuscheit 2001). Neigt sich der Terminplan des Projektes dem Ende, ist das Projektbudget meist ausgegeben. Beide Umstände sind leicht festzustellen. Bleibt die Frage nach dem erreichten Qualitätsstand. Hier wird es deutlich schwieriger.

Thomas Prefi
19. Qualitätsmanagement bei der Softwareentwicklung

Die Informations- und Kommunikationstechnik (IT) hat sich zur dominierenden Basistechnologie für Wertschöpfung und Innovation des 21. Jahrhunderts entwickelt. Aufgrund der exponentiellen Zunahme von Rechenleistung und Speicherkapazität der Computersysteme sowie deren weltweiter Vernetzung und Mobilität beschleunigt sich dieser Trend immer mehr. Computersysteme werden in allen Bereichen der Wirtschaft, Industrie und Verwaltung sowie im öffentlichen und privaten Leben zur Lösung von zunehmend komplexen und verantwortungsvollen Arbeitsaufgaben, aber auch zur Freizeitgestaltung eingesetzt. In den Unternehmen hat die IT längst die Rolle eines Katalysators der Veränderung und der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle übernommen. Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sind ohne den Produktions-faktor und das innovative Potenzial der IT nicht mehr denkbar.

Bernd Walter Hohler
20. Qualitätsgerechte Typologisierung moderner Produktformen

Die kategorische Unterscheidung zwischen materiellen Produkten, Software sowie Dienstleistungen hat sich etabliert und scheint die natürliche Andersartigkeit von Leistungen widerzuspiegeln. Materielle Produkte sind physisch greifbar: Sie werden mit Werkzeugen und auf Maschinen produziert, verschickt oder dem Kunden übergeben. Software wird programmiert und kann zunehmend vom Konsumenten über das Internet heruntergeladen werden. Dienstleistungen sind entgeltlich vergütete, durch den Dienstleister ausgeführte Tätigkeiten. Herstellung, Logistik oder die Art der Beschaffung und der Nutzungsphase sind nur einige Bereiche, in denen sich diese drei Produkttypen grundsätzlich voneinander unterscheiden. Anhand einer Produkt-typologisierung lassen sich Unternehmensaktivitäten strategisch ausrichten, Methoden anwenden und Geschäftsprozesse definieren. Doch lässt sich die Produktlandschaft im Angesicht „moderner” Produktformen, die mitunter Hybride aus Hardware, Software und Dienstleistung sind, noch immer derart trennscharf unterteilen? Hat die klassische dreiteilige Typologisierung von Produkten überhaupt noch Gültigkeit für Qualitätsplanung, - steuerung und - sicherung?

Felix Sohnius, Leo Nuy, Robert H. Schmitt
21. Qualitätsmanagement bei der Entwicklung smarter Produkte

Durch die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft ist der Einsatz von Software in technischen Produkten zum Standard geworden. Software stellt eine notwendige Voraussetzung dafür dar, dass technische Produkte mit der Umwelt, anderen Produkten oder dem Hersteller vernetzt werden, dass sie kommunizieren können und dass sie zu sogenannten „smarten Produkten” werden (Porter/Heppelmann 2014). Smarte Produkte und die dadurch möglichen Dienstleistungen nehmen einen immer größeren Platz im betrieblichen Kontext und im Endkundenbereich ein. So bieten die smarten Produkte den Unternehmen und Kunden völlig neue Möglichkeiten zur Interaktion und schaffen Mehrwerte für beide Seiten (Strobel et al. 2019).

Raphael Kiesel, Robert H. Schmitt
22. Customer Insights in der Produktentwicklung

Eine kundenorientierte Produkt- und Serviceentwicklung und die damit verbundene Schaffung eines unverwechselbaren Leistungsportfolios sind zwei der zentralen Herausforderungen heutiger Unternehmen. Eng verbunden mit dem Begriff Kundenorientierung ist das Wort Qualität. Laut der Norm DIN EN ISO 9000:2015-11 wird Qualität definiert als der „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines Objekts Anforderungen erfüllt”. Qualität wird somit definiert als der Grad, in dem die Anforderungen eines Kunden durch die Eigenschaften des gelieferten Produkts abgedeckt werden. Anders ausgedrückt hat ein Produkt Qualität, wenn es den Kunden zum Kauf animiert. Somit zählt es heutzutage zu den zentralen Herausforderungen von Unternehmen zu wissen, was der Kunde will und was seine Kaufentscheidung beeinflusst. Zu Zeiten von Social Media, Industrie 4.0 und smarten Produkten steht Unternehmen eine Vielzahl an Datenquellen zur Generierung von Kundenwissen (Customer Insights) zur Verfügung. Diese Daten beinhalten Informationen über den Kunden und seine Anforderungen, welche in Wissen transformiert werden können. Ferner existieren neben der Vielzahl an Datenquellen zahlreiche Analysever-fahren zur Ableitung von Customer Insights. Insgesamt betrachtet umfasst der Begriff Customer Insights die Erhebung, Analyse und Interpretation von Kundendaten aus heterogenen Informationsquellen – mit dem Ziel, präzises Wissen über den Kunden und seine (latenten) Bedürfnisse zu erlangen. Diese heterogenen Informationsquellen werden in indirektes und direktes Kundenfeedback eingeteilt. Direktes Kundenfeedback hat einen direkten Bezug auf eine kon- krete Frage- oder Problemstellung, denn der Kunde wendet sich mit seinem Anliegen an das Unternehmen, oder das Unternehmen fragt den Kunden aktiv nach dessen Meinung. Die Aufnahme von indirektem Kundenfeedback ist für Unternehmen aufwendiger, denn das Ziel bei der Datenanalyse von indirektem Kundenfeedback ist anfangs noch nicht konkret. Die Datensätze sind größer und unstrukturierter als bei direktem Kundenfeedback, und der Kunde wendet sich mit seinem Anliegen nicht aktiv an das Unternehmen. Dadurch müssen die Datensätze aus indirektem Kundenfeedback zeit- und ressourcenintensiver vorverarbeitet werden, um zuerst datenbasiert das konkrete Ziel herauszuarbeiten, bevor daraus anschließend Customer Insights generiert werden können. Vorteil bei der Analyse von indirektem Kundenfeedback ist, dass keine Verzerrung aufgrund der Erhebungsmethode der Kundenmeinung vorliegt und dass sich latente, sprich unbewusste Kundenanforderungen aufdecken lassen. Bild 22.1 zeigt beispielhaft jeweils zwei Datenquellen von direktem und indirektem Kundenfeedback.

Lars C. Gussen, Jan Kukulies, Felix Sohnius, Robert H. Schmitt
23. Qualitätsmanagement bei der Entwicklung von Dienstleistungen und Geschäftsmodellen

Unternehmen setzen immer mehr auf Dienstleistungen für die Diversifizierung ihres Angebots. Unter Dienstleistungen werden immaterielle Güter verstanden, die durch die Tätigkeit eines Wirtschaftssubjekts für ein anderes Wirtschaftssubjekt entstehen. Dienstleistungen können im Angebot eines Unternehmens unterschiedliche Stellungen einnehmen. Einerseits können sie zusätzlich und losgelöst vom Produkt eines Unternehmens angeboten werden, andererseits können Dienstleistungen integraler Bestandteil des Produkts sein, oder das Produkt wird als Mittler für Dienstleistungen verwendet. Mit der stärkeren Integration von Dienstleistungen in das Angebotsportfolio von Unternehmen findet oftmals eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells statt. Unabhängig davon, welche Rolle eine Dienstleistung im Angebotsportfolio eines Unternehmens spielt und ob eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells erfolgt, muss sie gezielt am Kunden ausgerichtet werden. Dadurch werden neue Kunden gewonnen und bestehende Kunden gehalten, sodass Unternehmen langfristig im Wettbewerb bestehen bleiben. Die Qualität bei der Entwicklung und Erbringung von Dienstleistungen spielt dabei für die Ausrichtung am Kunden eine bedeutende Rolle.

Tobias Adam, Sait Başkaya, Robert H. Schmitt
24. Qualitätsgerechte Produktplanung

Die Qualität eines Produktes wird während seiner Entwicklung maßgeblich mitbestimmt. Stimmt die Entwurfsqualität nicht, hat das Unternehmen während der ganzen Produktlebenszeit Mühe, die notwendige Ausführungsqualität zu erreichen. Daher verfügen viele Unternehmen neben dem Strategie- und dem Auftragsabwicklungsprozess auch über einen definierten Innovations-prozess, in welchem sie die Bereitstellung neuer Produkte und Services systematisch bearbeiten. Wir betrachten den Innovationsprozess unter dem Aspekt der qualitätsgerechten Produktplanung und beleuchten die wichtigsten Managementaufgaben in Innovationsvorhaben.

Roman Boutellier, Andreas Biedermann
25. Zuverlässigkeits- und Sicherheitsplanung

Dieses Kapitel behandelt das Verhalten von Produkten und technischen Systemen im Betrieb über deren gesamte Nutzungsdauer. Dieses sogenannte Langzeitbetriebsverhalten wird durch die Begriffe Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Instandhaltbarkeit und Sicherheit beschrieben und spezifiziert (engl.: Reliability, Availability, Maintainability, Safety, abgekürzt RAMS). Wir betrachten die entsprechenden Kenngrößen, z. B. die Ausfallrate oder MTBF (mean time between failures), als Qualitätsmerkmale (siehe Kapitel 17, „Qualität und Markt”). Es geht einerseits um die Interpretation der Betriebserfahrung und andererseits um die Abschätzung der zukünftigen Veränderungen von Eigenschaften. Mit dieser Voraussage soll ein angestrebtes Langzeitbetriebsverhalten geplant werden können. Der Faktor „Zufall” spielt dabei mit. Die Zuverlässigkeits- und Sicherheitsplanung erfolgt anhand von probabilistischen Modellen und statistischen Daten. Die Zuverlässigkeitstheorie gründet denn auch auf der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Lebens-dauerstatistik. Diese mathematischen Grundlagen werden hier nicht behandelt. Wir beschränken uns auf die wichtigsten Zuverlässigkeitsmodelle, die das Langzeitbetriebsverhalten unterschiedlicher Komponenten und Systeme beschreiben. Die Anwendung sehen wir anhand von einigen typischen Fragestellungen: Redundanzkonzept, Rückfallebenen, Schutz- und Überwachungsfunktionen, Störungsmanagement, Instandhaltungsfragen sowie Ersatzteillagerhaltung.

Peter Zinniker
26. Software in sicherheitskritischen Systemen

Der weitaus größte Anteil der weltweit hergestellten Mikroprozessoren wird in eingebetteten Systemen – vom Haushaltsgerät bis zum Verkehrsflugzeug – verbaut. Viele Geräte, die wir täglich ganz selbstverständlich nutzen, gehören dieser Kategorie an. Eingebettete Systeme besitzen eine enorme technische und wirtschaftliche Bedeutung. Darüber hinaus beeinflussen sie unser tägliches Leben ständig und unausweichlich. Die Qualität derartiger Systeme wird durch das korrekte Zusammenwirken mechanischer und elektronischer Komponenten mit Software bestimmt. Eine Beurteilung von Qualitätsmerkmalen – z. B. Sicherheit – erfordert daher zwingend die Berücksichtigung der Softwarebestandteile. Vereinfacht formuliert, geht von Software allein niemals Gefahr – d. h. ein Sicherheitsrisiko – aus. Erst durch die Integration von Software in ein technisches System können Softwarefehler zu Gefährdungen führen. Die Analyse der Wirkungs-weise von Software im Kontext des technischen Systems erfordert daher z. B. auch die Betrachtung der Sensoren und Aktoren. Einerseits reicht die Untersuchung der Software allein nicht aus, andererseits wird das Verhalten der Software unter Berücksichtigung des Gesamtsystems spezifiziert, sodass Maßnahmen zur Gewährleistung der korrekten Umsetzung der Spezifikation in Software risikomindernd wirken, obwohl sie nur die Software betreffen. Die Entwicklung von Software für sicherheitskritische Systeme erfordert entsprechend angepasste Prozesse, geeignete Konstruktionstechniken und leistungsfähige Analyse- und Prüftechniken. Welche Prozesse, Methoden und Techniken verwendet werden müssen, wird besonders in sicherheitskritischen Anwendungsbereichen durch Standards explizit geregelt. Schließlich gibt es Anwendungsbereiche, in denen eine Zulassung für den Betrieb erforderlich ist. So ist z. B. für den Betrieb von Schienenfahrzeugen in Deutschland eine Zulassung des Eisenbahn-Bundesamtes erforderlich. Die geforderten Nachweise müssen natürlich auch die Software mit einschließen.

Peter Liggesmeyer, Thomas Kuhn
27. Statistische Versuchsplanung

Versuche werden durchgeführt, um Ursache-Wirkungszusammenhänge quantitativ zu ermitteln. Es geht um Fragen wie: Wie wirken sich die einstellbaren Parameter eines Fertigungsprozesses auf das Prozessergebnis aus? Wie beeinflussen die Entwurfsparameter eines Produktes dessen Eigenschaften? Welche Einstellungen liefern die besten Ergebnisse oder den besten Kompromiss zwischen widersprüchlichen Zielen? In welchen Grenzen muss ich die Prozessparameter halten, damit die Prozessergebnisse gut sind? Wie kann ich auf geänderte Bedingungen (z. B. Umgebung oder Material) reagieren? Wie kann ich möglichst unempfindlich gegenüber solchen Veränderungen werden?

Wilhelm Kleppmann
28. Prüfplanung

Werkzeuge und Methoden des Qualitätsmanagements lassen sich je nach Zielsetzung systematisieren in Methoden und Werkzeuge zur Qualitätsplanung, zur Produktrealisierung, zur Qualitätsauswertung und zur Qualitätsverbesserung. Besondere Bedeutung haben planende und präventive Methoden des Qualitätsmanagements. Die Planung von Prüfungen und Messungen im engeren und erweiterten Sinn ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit im Qualitätsmanagement und reduziert die qualitätsbezogenen Kosten. Bereits in der Frühzeit hat der Mensch Prüfungen und Messungen geplant, wobei er als Maßeinheit die Größen benutzte, die sein Körper bot. Es entwickelten sich örtlich begrenzte Festlegungen für Maße und Gewichte. Sie dienten im Wesentlichen der Orientierung des Menschen in Raum und Zeit, dem Warenaustausch und der Schaffung technischer Hilfsmittel für den Menschen.

Gerhard Linß

Qualitätsmanagement in der Produktion

Frontmatter
29. Messen und Prüfen

Im Rahmen des Qualitätsmanagements sind während aller Phasen der Produktentstehung zuverlässige Kenntnisse über Eigenschaften von Materialien und gefertigten Produkten, über Parameter der ablaufenden Prozesse, über die Eignung und Fähigkeit der eingesetzten Maschinen und Hilfsmittel sowie viele andere Aspekte eine unverzichtbare Entscheidungsgrundlage. Diese Kenntnisse müssen durch Messen und Prüfen gewonnen werden.

Albert Weckenmann, Teresa Werner
30. Rückführung und Kalibrierung

Genaue Messungen sind ein unverzichtbarer Bestandteil industrieller Qualitätssicherung von der Entwicklung bis zur Auslieferung eines Produktes. Sie sind Voraussetzung für den Handel mit Waren und Gütern, für kompetentes Arbeiten von Kalibrier- und Prüflaboratorien, für den gefahrlosen Einsatz der Technik und für Regelungen im Verbraucher-, Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz. Und nicht zuletzt tragen genaue Messungen wesentlich dazu bei, unsere Erkenntnisse in Naturwissenschaft und Technik zu erweitern.

Peter Ulbig
31. Eignungsnachweise für Messprozesse

In jeder Kunden- bzw. Lieferantenvereinbarung sind für die betreffenden Produkte die erforderlichen Merkmalseigenschaften spezifiziert, die beim Austausch der Ware einzuhalten sind. Diese Eigenschaften werden entweder messend mittels Messprozessen beurteilt oder anhand von attributiven Prüfprozessen bzw. mittels Sichtprüfung bewertet. Unabhängig vom Verfahren muss das Ziel sein, die Messunsicherheit des Messprozesses so gering wie möglich zu halten. Nur so kann bei der Herstellung der Produkte die geforderte Merkmalstoleranz größtmöglich ausgenutzt werden, da jede Einschränkung des Toleranzbereichs zwangsläufig die Kosten erhöht. Des Weiteren können dadurch Irritationen bei unterschiedlichen Messungen (Lieferant oder Kunde) bei der Beurteilung von Merkmalen minimiert werden.

Edgar Dietrich
32. Messmanagementsystem/Prüfmittelmanagement

In der industriellen Produktion wird die Qualität von Teilen, Komponenten, Produkten und Prozessen anhand von ausgewählten Qualitätsmerkmalen beurteilt. Dazu werden mittels Mess-bzw. Prüfprozessen die Qualitätsmerkmale bewertet. Die Prüfergebnisse sind entweder qualitativ, wie z. B. gut/schlecht, oder quantitativ, wie z. B. Messwerte (variabel) oder Anzahl der Fehler (diskret). Sie alle sind aufgrund von immer vorhandenen Einflussfaktoren mit einer Unsicherheit behaftet.

Edgar Dietrich
33. Statistik als Basis qualitätsmethodischen Denkens und Handelns

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, mir liegt mir viel daran, den Organisatoren dieser Veranstaltung für die Einladung zu diesem Forum zu danken. Sie gibt mir Gelegenheit, vor einem fachlich qualifizierten Auditorium Anmerkungen zu einem Thema zu machen, dem ein guter Teil meiner Lebensarbeit gewidmet war. Zu dieser Thematik hat ja das Unternehmen, dessen Ehrentag wir heute gemeinsam feiern, bedeutsame Beiträge geleistet.

Tilo Pfeifer, Robert Schmitt
34. Statistische Prozessregelung (SPC)

Seit die statistische Prozessregelung (englisch: Statistical Process Control, kurz SPC, wobei das Wort „Control” mit „Lenken” oder „Regeln” zu übersetzen ist und nicht im Sinne des deutschen Verbs „Kontrollieren” verstanden werden darf) zu Beginn der 1970er Jahre etabliert wurde, findet eine permanente Diskussion über Sinn und Unsinn der Anwendung von SPC statt.

Alfred Schulze, Markus Schmidt
35. Zukunftsfähige Produktions-systeme durch Predictive Quality

Die Umsetzung von Industrie 4.0 prägt den Wettbewerb produzierender Unternehmen auf globalen Märkten. Wer in diesem Wettbewerb dauerhaft eine Vorreiterrolle einnehmen will, ist gefordert, die Potenziale der Digitalisierung größtmöglich zu realisieren. Die konsequente Nutzung des impliziten Wissens, welches in den exponentiell ansteigenden unternehmerischen Datenmengen steckt, führt über eine starke Hebelwirkung zur kontinuierlichen Verbesserung der produkt- und prozessbezogenen Qualität. Gleichzeit adressiert eine qualitätsgetriebene Optimierung des Ressourceneinsatzes die stetig zunehmenden Nachhaltigkeitsforderungen aus Bevölkerung und Politik. Der rasante Anstieg der Datenverfügbarkeit resultiert zum einen aus einer wachsenden Vernetzung von Lieferanten, Produzenten und Kunden und zum anderen aus der Nutzung einer steigenden Anzahl unterschiedlicher Informationskanäle, die von integrierter Sensorik bis zu Online-Produktreviews reicht.

Daniel Buschmann, Max Ellerich, Louis Huebser, Marie Lindemann, Peter Schlegel, Robert H. Schmitt
36. Lieferantenmanagement und Lieferanteninnovation

Lieferantenmanagement, verstanden als die effektive Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der Lieferantenbasis und der Lieferantenbeziehungen eines Unternehmen, ist Voraussetzung für die Sicherstellung der Versorgung des Unternehmens mit den für die Weiterverarbeitung und den Betrieb notwendigen Gütern und Dienstleistungen. In diesem Kapitel wird in Auszügen dargelegt, wie Unternehmen einen integrierten Lieferantenmanagement-Prozess aufsetzen sollten, der die bestmögliche Ausnutzung der Lieferantenpotenziale ermöglicht und damit die unternehmerischen Wettbewerbsprioritäten Zeit, Kosten, Qualität, Risiko, Nachhaltigkeit und zunehmend auch Innovation bzw. Technologie unterstützt. Der Lieferantenmanagement-Prozess umfasst die fünf Hauptschritte Planung, Management der Lieferantenbasis, Lieferantenentwick-lung, Lieferantenintegration/-innovation und Controlling. Er sollte kontinuierlich durchlaufen werden, um die Lieferantenbasis und die Lieferantenbeziehungen auf die permanenten unternehmensinternen Veränderungen und die Veränderungen im Unternehmensumfeld anpassen zu können.

Stephan M. Wagner
37. Qualitätssicherungsvereinbarungen

Dieses Kapitel soll es ermöglichen, die für das jeweilige Produktspektrum sowie den zugrunde liegenden Produktentstehungsprozess am besten passende Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV) zu erstellen oder auszuwählen. Unter Berücksichtigung der normativen und gesetzlichen Gegebenheiten sind dann die einzelnen Kapitel einer QSV zu bewerten sowie die Inhalte der QSV und ihre Anlagen exakt auf die Produkte zuzuschneiden.

Michael Kroonder

Qualitätsmanagement in der Nutzungsphase

Frontmatter
38. Qualitätsmanagement für die Erbringung von Dienstleistungen und Neuerung von Geschäftsmodellen

Produzierende Unternehmen bieten durch neue Geschäftsmodelle entweder selbstständige Dienstleistungen an, oder ihre neuen Geschäftsmodelle umfassen zusätzliche Dienstleistungs-angebote (z. B. Servitization), die das Portfolio von reinen Produkten erweitern. Durch die Einführung innovativer Geschäftsmodelle können neue und vorher nichtexistierende Problemstellungen im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit entstehen, beispielsweise durch Lock-in-Effekte, die durch ein starkes Abhängigkeitsverhältnis die Wechselkosten des Kunden erhöhen sollen. Unternehmen sind deshalb bei Geschäftsmodellinnovationen gefordert, die Qualität ihrer Dienstleistungen zu sichern und managen.

Sait BaŞkaya, Tobias Adam, Robert H. Schmitt
39. Kundendienst

Mit dem Wort Kundendienst werden besondere Dienstleistungen beschrieben, die für den Kunden und dessen Geräte, Maschinen oder Anlagen erbracht werden. Mit dem häufig benutzten, aus dem englischen Sprachgebrauch stammenden Begriff Service ist dagegen jede Art von Dienstleistungen gemeint, also auch Leistungen aus dem Gesundheitssektor, aus der Beratung, der Aus- und Weiterbildung, der öffentlichen Verwaltung etc.

Volker Harms, Thomas Harms
40. Warenkennzeichnung

Die Kennzeichnung von Produkten war bereits in der Vergangenheit sehr beliebt. Die Verwendung von Siegeln, Medaillen, Orden oder anderen Zeichen sollte die Herkunft des Produktes, eine hiermit verbundene Qualität und auch Eigentumsrechte dokumentieren − so z. B. das Brandzeichen beim Vieh oder die Zeichen der Zünfte, mit denen schon das mittelalterliche Handwerk erkennbar machte, was gute Wertarbeit ist. Die Warenkennzeichnung ist also kein Phänomen der Neuzeit, sondern ein Muss im Wettbewerb. Die hieraus entwickelte Vielfalt der Kennzeichnungsarten und einzelnen Kennzeichen, die häufig als „Labeldschungel“ tituliert wird, ist für den Verbraucher nicht immer leicht zu durchschauen.

Rüdiger Wollmann
41. Gebrauchstauglichkeit und Gebrauchswert

In diesem Kapitel wird ausgeführt, was unter den Begriffen Gebrauchstauglichkeit und Gebrauchswert zu verstehen ist, und wie diese mit der Bewertung der Qualität von Produkten und Produktinformation im Zusammenhang stehen. Es wird dargelegt, wie anhand grundlegender Produktmerkmale die Gebrauchstauglichkeit und wie durch ergänzende Betrachtungen weiterer objektivierbarer Produkteigenschaften die Qualität auf einer relativen Vergleichsskala ermittelt werden können. Ferner wird gezeigt, wie sich daraus anhand weiterer veränderlicher oder subjektiver Produktmerkmale ein Gebrauchswert beziehungsweise – insbesondere bei Dienstleistungen – ein Nutzwert ergibt.

Markus Bautsch
42. Juristische Produktverantwortung

Sicherheit ist (auch) Qualität.Sicherheitsmängel sind (auch) Qualitätsmängel.Sicherheitssicherung ist (auch) Qualitätssicherung.Produkthaftungsprozesse wegen Sicherheitsmängeln sind (auch) Produkthaftungsprozesse wegen Qualitätsmängeln.Diese pointierten Aussagen haben nicht den Sinn, etwaigen Klischees von unnötig Hysterie erzeugenden Juristen neuerlich Nahrung zu geben, sondern sollen vielmehr frühzeitig den Fokus auf eine sehr zentrale Erkenntnis in der Positionsbestimmung anspruchsvollen Qualitäts-managements lenken: QM verfehlt seine genuine Aufgabe – jedenfalls sicherlich aus Sicht der persönlich mit Haftungsrisiko bedrohten Unternehmensführung – in der industriellen Waren-fertigung, wenn ungeachtet einzelner sonstiger Qualitätsspezifikationen „nicht einmal” das gesetzlich geforderte, notwendige Sicherheitsniveau bei den fabrizierten Waren sichergestellt ist. Aus juristischer Sicht gilt dabei grosso modo die Unterscheidung zwischen gesetzlichen Sicherheitsvorgaben und individuellen Vertragsvorgaben: Sicherheitsvorgaben sind vom Gesetzgeber aus Gründen des politisch gewollten Verbraucher- und Arbeitsschutzes erlassene Vorschriften mit der Stoßrichtung des Dritt-Schutzes, die als solche weder abverhandelbar noch dispensierbar noch ignorierbar sind. Vertragsvorgaben im Binnenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer dienen dagegen allein den betriebswirtschaftlich-kaufmännischen Interessen des Kunden, der über Spezifikationen und Lastenhefte definiert und konturiert, wie er welche Ware angeliefert erhalten will. Ob ein Textil lichtecht ist, ob eine Fertigungsstraße unakzeptable Ausschusszahlen auswirft, ob eine Verkaufsverpackung unsauber bedruckt oder ein Lebensmittel unter Verkaufsgewicht abgewogen ist – all das ist aus Sicht eines potenziellen produktbezogenen Haftungsrisikos gänzlich irrelevant und kann doch selbstredend zu empfindlichen Störungen langjähriger Lieferbeziehungen führen, muss also vermieden werden. Erst recht gilt dies vice versa für Sicherheitsmängel: Ob ein Gehäuse versehentlich unter Strom steht, ob ein Überhitzungssensor vergessen wurde, ob die Metallurgie einem Belastungsdruck nicht standhält, ob eine Granulatmischung einen zu niedrigen Flammpunkt aufweist oder ein Lebensmittel toxisch verunreinigt ist – hier drohen (gegebenenfalls tödliche) Unfälle, Produkthaftungsprozesse, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, versicherungsrechtliche Streitigkeiten. Und natürlich droht erst recht ein unzufriedener Kunde, da die Warendistribution unversehens zu einem Risiko sogar für unbeteiligte Dritte (sogenannte innocent bystanders) geführt hat.

Christian Thomas Stempfle

Qualitätsmanagement und Unternehmensführung

Frontmatter
43. Qualitätsmanagement in der Unternehmensführung – Management der Qualität oder Qualität des Managements?

Es hat sich bislang eigentlich nichts an der Aussage geändert, dass fast jeder in Deutschland eine Geschichte über schlechte Qualität erzählen kann. So beliefen sich die Rückrufaktionen der deutschen Automobilindustrie im Zeitraum zwischen Anfang 2018 und Mitte 2019 auf die stattliche Zahl von 48 Millionen Pkw. Der Dieselskandal hat sein Übriges dazu beigetragen, den Glauben an die Ehrlichkeit, die Zuverlässigkeit und die Qualität eines Industriebereichs zu verlieren, der sich eigentlich als Vorzeigebereich wähnte. Gerade der Dieselskandal verzeichnete ungeahnte Auswirkungen. Dies gilt vor allem in rechtlicher und finanzieller Hinsicht, und zwar nicht nur für die Automobilhersteller selbst, sondern vor allem auch für die Kunden. Da möge einer noch vom Aushängeschild der deutschen Industrie sprechen, wenn das Gütesiegel „Made in Germany“ durch solche Machenschaften massiv in Gefahr gerät. Wenn Leistungs- und Innovationsfähigkeit dazu genutzt werden, technische Möglichkeiten zu konterkarieren, um z. B. Abgaswerte zu manipulieren, so ist dies eindeutig Betrug und durch nichts zu rechtfertigen.

Herbert Schnauber
44. Führung und Qualität

Führung und Qualität – dieses Begriffspaar wird häufig in der Bedeutung „Qualität von Führung“ verwendet. Mindestens ebenso interessant ist jedoch die Bedeutung „Führung für Qualität“, also die Frage, wie mit Mitteln der Führung für Qualität gesorgt werden kann.Was muss eine Führungskraft sagen und tun? Was muss sie vermeiden oder unterlassen? Was muss belohnt, was muss bestraft werden? Wie müssen sich Führungskräfte verhalten, damit Qualität entstehen kann? In diesem Kapitel „aus der Praxis für die Praxis“ wird eine Zusammenschau über „Führung für Qualität“ gegeben. Dabei erhebt das Kapitel keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr werden, an Basiserkenntnissen der Führungslehre ausgerichtet, Forderungen an Führungskräfte aufgestellt. Weiter werden konkrete Handreichungen gegeben, wie Führungskräfte diesen Forderungen entsprechen können.

Wolfgang Schirmer
45. Total Quality Management als Philosophie des unternehmerischen Qualitätsmanagements

Das Total Quality Management (TQM) ist eine Weiterentwicklung der Company Wide Quality Control (CWQC) nach Ishikawa und basiert somit auf dem TQC-Ansatz von Feigenbaum. Die Entwicklung von TQM war eine Reaktion auf die Erfolge, die japanische Unternehmen mit dem CWQC-Ansatz erzielen konnten.TQM beinhaltet die Bausteine des CWQC und erweitert sie um die Berücksichtigung des Unternehmensumfelds (der Gesellschaft) und um die Ausrichtung der Unternehmensphilosophie auf das Qualitätsziel des Unternehmens. TQM ist folglich eine alle Bereiche der Organisation umfassende Qualitätsstrategie, die auch das Umfeld und die Philosophie des Unternehmens mit einbezieht (Kamiske/Brauer 2011, Linß 2011).

Tilo Pfeifer, Felix Sohnius
46. Aus-, Fort- und Weiterbildung

Ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem, das sich an der Qualitätspolitik und den gesteckten Qualitätszielen des Unternehmens, aber auch an den vielfältigen Normen und Vorschriften orientieren soll, ist ohne gut ausgebildetes Personal nicht denkbar. Diese Aussage gilt für Großunternehmen und Konzerne wie für Mittel- und Kleinbetriebe gleichermaßen; insbesondere dann, wenn sie als Zulieferer in das Qualitätsmanagementsystem ihrer Kunden eingebunden sind. Dabei geht es nicht nur um das Personal in einzelnen Abteilungen des Qualitätsmanagements, sondern um alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des gesamten Unternehmens, denn für eine möglichst optimale Gestaltung aller Prozesse sind alle Betriebsangehörigen verantwortlich. Das Denken in Qualität ist inzwischen zu einer Metaqualifikation geworden. Diese Feststellung ist branchenunabhängig: Sie gilt für den Produktionsbetrieb genauso wie für das Handelsunternehmen, für Dienstleistungsbetriebe und für private und öffentliche Institutionen.

Horst Methner
47. Qualitätsmanagement und Motivation

Wenn Qualitätsmanagement und Motivation im Zusammenhang betrachtet werden, wird dies häufig als Kombination zweier „per Natur” gegensätzlicher Themenbereiche aufgefasst. QM-Systeme sind in der Praxis oft mit dem Stereotyp konfrontiert, lästige, eher realitätsferne Dokumentationsgebilde zu sein. Man betrachtet sie oft nicht als motivationsfördernde Führungsinstrumente oder als Leitplanken bzw. Hilfsmittel zum Leiten und Lenken eines Unternehmens.

Helmut Lieb
48. Die Transformation des Qualitätsmanagers

Für Qualitätsmanager herrschen unruhige Zeiten. Die Themen Digitalisierung, Automatisierung, Industrie 4.0, künstliche Intelligenz, agile Organisation und New Work gehen auch am Qualitätswesen nicht spurlos vorbei. Neue Technologien und vor allem die strukturellen Veränderungen in verschiedenen Branchen stellen die Qualitäter vor große Herausforderungen. Die Qualitätsanforderungen der Auftraggeber aller Branchen werden immer komplexer. Hinzu kommt, dass die Bedeutung des zertifizierten Qualitätsmanagements stark abgenommen hat.

Hans Weber
Backmatter
Metadaten
Titel
Masing Handbuch Qualitätsmanagement
verfasst von
Tilo Pfeifer
Robert Schmitt
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Electronic ISBN
978-3-446-46621-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-446-46621-0

Premium Partner